Kragenbärin "Malvina" trifft in Kappeln auf Artgenossen
Vor knapp zwei Jahren ist die Kragenbärin "Malvina" im Tierschutzzentrum Weidefeld eingezogen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten soll sie nun lernen, mit ihren beiden männlichen Artgenossen zusammen zu leben.
Mit schnalzenden Geräuschen läuft Kragenbär "Serenus" am Zaun seines Geheges im Tierschutzzentrum Weidefeld in Kappeln (Kreis Schleswig-Flensburg) aufgeregt hin und her. Das Ritual kennt er schon. Denn gleich darf er durch eine Schleuse Bärendame "Malvina" weiter kennenlernen. Doch bevor es so weit ist, präpariert der Verhaltensbiologe und Bärenexperte Patrick Boncourt das Gehege. Karotten, Möhren, Äpfel und Birnen sollen zur Entspannung der Bären beitragen. "Liebe geht auch bei Bären durch den Magen", sagt Patrick Boncourt während er den Stamm eines Baumes mit Honig beschmiert. Er erklärt, dass 80 Prozent der Nahrung bei den Bären aus Obst und Gemüse besteht. Der Rest wird durch Fleisch von toten Tieren abgedeckt.
"Serenus" und "Balou" werden neue Gehege-Genossen
Geduldig wartet die schüchterne "Malvina" in ihrer Box. Diese kennt sie nur zum Füttern. Eigentlich ist sie den ganzen Tag und auch nachts in ihrem großzügigen Gehege unterwegs - bis jetzt noch allein. Seit zwei Jahren lebt sie im Weidefelder Tierschutzzentrum und ist vor Kurzem aus der Winterruhe aufgewacht. Nun wird sie nach und nach mit den beiden anderen Kragenbären - dem Brüderpaar "Serenus" und "Balou" - vergesellschaftet. Denn zukünftig sollen die Bären zusammen leben können. "'Balou' ist eher ein Rüpel und mit seinem Gewicht und seiner ungestümen Art würde er 'Malvina' einschüchtern. Seit zwei Jahren schauen wir, dass sie sich sicher fühlt. Daher starten wir mit 'Serenus', er ist eher das Alphatier und etwas bedächtiger", Patrick Boncourt hat das Verhalten der Bären studiert und weiß daher ganz genau, was er den Tieren zumuten kann.
Aus der Ukraine gerettet
2022 musste "Malvina" aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine gerettet werden. Dort lebte sie in einer Auffangstation bei Kiew, nachdem sie von Tierschützern aus einer privaten Haltung gerettet wurde. Doch da war sie mit Ausbruch des Krieges nicht mehr sicher. Woher sie genau als Jungbärin kam, ist nicht klar. Das Schicksal vieler Bären liegt in den Händen von Schwarzhändlern oder Wilderern. Als Kragenbärin durfte "Malvina" in Kappeln einziehen - das ehemalige Bundeswehrgelände ist die einzige Anlage Europas, die Kragenbären aufnimmt.
Rantasten am "Schmusegitter"
"Malvina" brauchte ihre Zeit zum Eingewöhnen in Weidefeld - ihre beiden Artgenossen "Serenus" und "Balou" kannte sie bisher nur vom angrenzenden Gehegezaun. Doch das ändert sich jetzt. Am sogenannten "Schmusegitter" haben sich "Malvina" und "Serenus" schon beschnuppert, seit einigen Tagen verbringen sie auch kurze Zeit gemeinsam im Gehege. Patrick Boncourt öffnet die Schleuse des Gitters, hinter dem "Serenus" schon sehnsüchtig wartet. "Malvina" verzieht sich währenddessen lieber hinter einen Busch und sucht dort Schutz. Serenus ist zunächst nur mit dem Obst beschäftigt und tastet sich langsam in Richtung "Malvina" vor. Die jedoch ergreift weiter die Flucht - nur zaghaft traut sie sich an den Bären heran.
Ein Meilenstein für "Malvina"
Verhaltensbiologe Boncourt beobachtet das Zusammenkommen von außen. "Normalerweise ist der Bär in der Natur ein Einzelgänger. Wir sind daher auf die Frühlingsgefühle bei der Vergesellschaftung angewiesen, damit es positiv und harmonisch abläuft. Es ist wichtig, dass die Tiere mit einem guten Gefühl rein- und rausgehen und es nicht scheppert." Heute sieht es mehr als gut aus. Nach etwa 40 Minuten stehen "Malvina" und "Serenus" eng beieinander und das ganz ohne Stress. Für Boncourt ein Meilenstein: "'Malvina' ist ein sehr scheues und zurückgezogenes Mädchen. Sie hat sich aus ihrer Komfortzone herausgewagt, hat 'Serenus' im Blick gehabt und sich demütig gezeigt. Heute war ein sehr, sehr guter Anfang."
Gute Chancen auf harmonisches Zusammenleben
Auch die nächsten Tage wird "Malvina" die nächsten Schritte gehen. "Wenn das in den nächsten zwei Wochen so harmonisch weitergeht, wie bisher, dann haben wir wirklich gute Chancen, dass sich die Bären als dauerhaftes Pärchen etablieren können", blickt Boncourt auf die kommende Zeit. "Serenus" lässt sich mit Futter wieder in sein ursprüngliches Gehege locken - dort wartet schon sein Bruder "Balou", der noch einige Wochen warten muss, bis auch er "Malvina" richtig kennenlernen darf. Die Kragenbärin hat nun erst einmal Zeit, die Erlebnisse bei etwas Honig zu verarbeiten.