Kolumne: Wenn alles plötzlich "Kulturkampf" heißt
Zurzeit häuft sich die Verwendung des Begriffes "Kulturkampf" - alle möglichen Themen werden plötzlich unter diesem Schlagwort verhandelt. Unsere Kolumnistin schaut sich das Phänomen genauer an und fragt sich: Was hat das zu bedeuten und von welchem Kampf sprechen wir hier eigentlich?
Ein ungewöhnlicher Begriff lässt mich seit Kurzem aufhorchen: Egal, ob es um Debatten zu Elektroautos, Windrädern oder sogar Plattdeutsch am Theater geht - alles ist plötzlich ein "Kulturkampf". Vor ein paar Wochen titelte die Wirtschaftswoche sogar mit der Schlagzeile "Wärmepumpe: Das Symbol des neuen Kulturkampfs". Was steckt hinter diesem Schlagwort? Denn ja, dass es um kontroverse Themen geht, steht außer Frage. Aber ist das gleich ein Kampf? Und gehören E-Autos und Wärmepumpen wirklich zu unserer Kultur? Ich glaube nicht. Im Gegenteil: Ich glaube, es steckt etwas viel Banaleres hinter dem momentan inflationär genutzten Begriff.
Tief gespalten oder einfach normal?
Ich persönlich bin davon überzeugt, dass es mal wieder darum geht, mit Reizworten gesellschaftliche Diskussionen anzufeuern. Ähnlich wie bei der aufgebauschten Diskussion um "Cancel Culture" geht es nicht darum, sachlich über wichtige Themen wie Gerechtigkeit, Wirtschaft oder Klimaschutz zu sprechen. Nein, es wird darüber gesprochen, wie darüber gestritten wird. Also ein gesellschaftliches Ablenkungsmanöver: Wir sprechen über "Kulturkampf", damit wir über andere Dinge nicht mehr sprechen müssen. Dabei ist ja gerade das so wichtig: Viele Meinungen nicht als "Kampf", sondern als Realität anzuerkennen. Es wird nicht gekämpft, es wird diskutiert. Und in einer Demokratie, die von einer Ampel-Regierung geführt wird, die sich seit Tag eins streitet, kein Wunder.
Bei Sprache fängt es an
"Kulturkampf": Ein Reizwort, ein Schlagwort. Im besten Falle komplexitätsreduzierend, im schlechtesten Fall manipulativ. Denn das es Menschen gibt, die mittlerweile glauben, dass sie sich im Kampf befinden, dass die "natürliche Ordnung" ihres Lebens in realer Gefahr ist, das wissen wir nicht erst seit der Landratswahl in Sonneberg. Es gilt gerade für uns Medienschaffende Achtsamkeit bei der Wortwahl. Alles, damit es nicht zur selbsterfüllenden Prophezeiung kommt. Niemand will einen wirklichen "Kulturkampf" und Polarisierung führt zu Radikalisierung.Was wir dafür wollen ist: reden und streiten. Nicht um die Form der Diskussion, sondern um das, worum es wirklich geht: die Inhalte.