Kieler Start-up will Windräder leiser machen
Der Ausbau der Windkraftanlagen stockt. Ein Grund ist unter anderem der Widerstand der Anlieger von Windparks. Dabei spielt die Lärmbelästigung eine wichtige Rolle. Ein Start-up arbeitet daran, das Problem zu lösen.
Mehr als 3.100 Windkraftanlagen stehen in Schleswig-Holstein. Sie produzieren rund 8,7 Gigawatt (GW) grünen Strom. Ohne Geräusche geht es nicht: Das Rauschen der Rotorblätter ist nicht zu verhindern. Auch die Getriebe im Inneren der Anlagen können Lärm machen. Das Problem: die Kombination der Geräusche kann dafür sorgen, dass die Windräder heruntergeregelt oder gar abgestellt werden müssen. Denn der Lärmschutz muss eingehalten werden. Für genehmigungspflichtige Anlagen in allgemeinen Wohngebieten gilt laut deutschem Umweltbundesamt zurzeit ein Immissionsrichtwert von 55 Dezibel tagsüber und 40 Dezibel nachts. Zum Vergleich: leise Radiomusik hat 50 Dezibel, ein Haartrockner 70 und eine Kreissäge 100 Dezibel.
Es geht um tausendstel Millimeter
Christian Schönke und sein Team vom Kieler Start-up Compose Technologies wollen die Getriebe leiser machen. Mit einer Software. Bei der Entwicklung von Getrieben kann sie genau vorhersagen, wie viele Geräusche im Betrieb entstehen würden. Den Lärm verursachen die Zahnräder im Getriebe. "Wir haben im Windenergiebereich heutzutage Zahnräder, die einen Durchmesser von mehreren Metern haben", erklärt Projektleiter Schönke. Diese Zähne müssten auf den tausendstel Millimeter genau geschliffen werden, um den Lärm so gering wie möglich zu halten. "Man kann sich das so vorstellen, dass die Zähne ineinandergreifen, und wenn das nicht optimal passt, entstehen Schwingungen", erklärt der Maschinenbau-Ingenieur. Das führe dann zu Dröhnen und lauten Geräuschen um die Anlage, die sehr unangenehm seien.
Weniger Lärm hilft, mehr grünen Strom zu produzieren
Mit der Software berechnen die Kieler Unternehmer Modelle, mit denen zum Beispiel die Schliffe der Zahnräder genau untersucht werden können. So soll im Computermodell bereits früh in der Entwicklungphase ausgeschlossen werden, dass die Getriebe später Lärm machen. Komplett neu ist die Idee nicht. Erste Testläufe zeigen aber: Die Software aus Kiel kann den Lärm viel genauer vorhersagen als andere Programme. Den Herstellern kann das kostspielige Nachbesserungen ersparen. "Jedes Dezibel hilft uns weiter. Das Tolle ist: Die Anlagen können durch die Innovation aus Kiel schneller laufen, ohne dabei lauter zu werden", erklärt Marcus Hrach vom Bundesverband Windenergie. So könne immer effizienter grüner Strom produziert werden. Das sei in der Energiewende sehr wichtig.
Nur wenige Stunden Arbeit am Modell
Die Arbeit von Christian Schönke besteht vor allem aus Programmierarbeit. "Es gibt verschiedene Schliffe an Zahnrädern, um die Lärm-Eigenschaften zu verbessern, zum Beispiel eine Kopfrücknahme", erklärt Schönke. Dabei werde am Zahnkopf ein bisschen Material weggenommen. "Man kann zum Beispiel auch die Zahl der Zähne ändern, man kann auch über die Breite das Profil verändern. Da gibt es viele Möglichkeiten." Nur wenige Stunden brauchen Christian Schönke und seine Kollegen für den optimalen Schliff. Störende Getriebegeräusche könnten dann schon bald der Vergangenheit angehören.