Jagel: Luftwaffe testet erstmals Drohne im zivilen Luftraum
Nach jahrelangen Debatten ist in Jagel mit der German Heron TP die erste Drohne der deutschen Luftwaffe gestartet worden, die Waffen führen kann. Sie kann bis zu 27 Stunden am Stück in der Luft bleiben.
Die Tornados, die am Mittwochvormittag am Fliegerhorst Jagel (Kreis Schleswig-Flensburg) in den blauen Himmel aufsteigen, donnern beim Start viel lauter als der unbemannte Neuankömmling. Die Propeller-Geräusche der Drohne German Heron TP klingen dagegen fast schüchtern. Trotzdem stiehlt sie den Kampfjets an diesem Tag die Show.
Zugelassen für den zivilen Luftraum
Das liegt unter anderem daran, dass die Maschine israelischer Bauart als erste Drohne dieser Größenordnung für den zivilen Luftraum in Deutschland zugelassen ist. Vorangegangen war ein kompliziertes Zulassungsverfahren. Gesteuert wird die Heron TP vom Boden aus. Ein Pilot oder eine Pilotin mit Fluglizenz lenkt die Drohne und eine weitere Person steuert die Sensorik.
"Es geht für uns in den nächsten sechs Monaten darum, Erkenntnisse bei den Radarkontrollen im deutschen Luftraum zu gewinnen", sagt einer der Heron-TP-Piloten, der anonym bleiben möchte. Dieses Zusammenspiel zwischen Zivilem und Militärischem sei für beide Seiten neu. Deshalb sind laut Luftwaffe im kommenden halben Jahr rund 300 Flugstunden mit der German Heron TP geplant - später auch über Norddeutschland und sogar Bundesgrenzen hinaus.
Heron TP kann Waffen führen und abfeuern
Die German Heron TP ist mit 26 Metern Spannweite mehr als doppelt so breit wie ein kleineres Sportflugzeug. Die Drohne kann mehr als 12 Kilometer hoch fliegen und bis zu 27 Stunden in der Luft bleiben. Und: Nach jahrelangen Debatten im Bundestag setzt die Luftwaffe mit der German Heron TP nun auf eine bewaffnungsfähige Drohne.
"Bereits vor Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wurde das Bekenntnis für bewaffnete Drohnen im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien verankert. Der künftige Einsatz unterliegt strengen Vorgaben", sagt Generalleutnant Günter Katz vom Luftwaffentruppenkommando. In den kommenden sechs Monaten ist die Heron TP laut Bundeswehr unbewaffnet unterwegs.
Kritik an Zeitrahmen und strategischer Ausrichtung
Im Ernstfall könnte die Heron TP nicht nur eigene Bodentruppen oder Schiffe mit Echtzeit-Bildern aus der Luft beobachten, sondern auch mit Präzisionswaffen verteidigen. Militärexperte Sebastian Bruns vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel hat jedoch Bedenken wegen der Strategie: "Ich sehe es kritisch, dass wir uns mit diesen großen Drohnen auf eine Sache konzentrieren, die unsere Gegner schon längst überwunden haben - die nämlich mit viel kleineren Drohnen und in Drohnenschwärmen agieren." Es sei durch die langen Debatten - unter anderem zum Thema Bewaffnung - ohnehin schon sehr viel Zeit verloren gegangen.
Erst eine Heron TP in Deutschland
Vier der fünf Heron-TP-Drohnen, die Deutschland bisher von dem Hersteller Israel Aerospace Industries geleast hat, sind wegen des Nahost-Krieges noch in Israel. Das Modell gilt als Übergangslösung, bis Anfang 2030 eine neue Eurodrohne fertig sein soll. An der Entwicklung dieser Eurodrohne sind Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien beteiligt. Die Gesamtkosten fürs Heron-TP-Projekt betragen laut Bundeswehr rund 900 Millionen Euro.
Bürgermeister: Stationierung sichert Arbeitsplätze
Die in Jagel derzeit stationierten Tornados sollen bis 2030 ausgemustert werden. Deshalb sei die Entscheidung für die Stationierung der Heron-TP-Drohnen ein umso wichtigeres Signal, sagt Stefan Ploog, Bürgermeister von Kropp (Kreis Schleswig-Flensburg): "Für die Region bedeutet das, dass der Standort sicher ist und es natürlich viele Arbeitsplätze sichert - und dass wir auch die Luftwaffe zukunftsfähig halten. Das wird sehr positiv aufgenommen."
In Jagel könnten bis Anfang 2030 bis zu sechs Heron-TP-Drohnen stationiert werden - übrigens auch, um bei zivilen Notlagen wie Suchaktionen oder Naturkatastrophen aus der Luft aufzuklären.