Helgoland-Fähre "Funny Girl" fällt noch bis Mittwoch aus
Das Passagierschiff "Funny Girl" trieb am Sonntagabend stundenlang manövrierunfähig vor Helgoland. Voraussichtlich am Mittwoch ist es wieder fahrtüchtig. Bis dahin übernimmt die "MS Nordlicht" die Verbindung der "Funny Girl".
Die manövrierunfähige Helgolandfähre "Funny Girl" hat am frühen Morgen nach stundenlanger Fahrt auf der Nordsee das Festland erreicht. In der Nacht zu Montag hatten zwei Schlepper das Seebäderschiff an den Haken genommen, um es nach Büsum (Kreis Dithmarschen) zu ziehen. Nach Ansicht des Kapitäns des Not-Schleppers, Kristian Pieck, lief die Rettungsaktion problemlos: "Für die Wetterverhältnisse da draußen lief alles sehr glimpflich ab. Aber das war natürlich auch der Situation geschuldet, dass alles gut ausgebildete Leute waren", sagte er.
Schiff rauer Nordsee ungeschützt ausgeliefert
Das Fährschiff mit 250 Passagieren an Bord war zuvor stundenlang manövrierunfähig auf der Nordsee bei Helgoland getrieben. Laut Reederei konnte das Schiff trotz aller Bemühungen der Crew die Fahrt nicht aus eigener Kraft fortsetzen. Keine ungefährliche Situation, denn die Wetterbedingungen auf der Nordsee sind oft rau: "Da gibt es schon Risiken, die dann auftreten können, weil das Schiff kann ja überhaupt nicht mehr reagieren - ist also Wind und Wellen ungeschützt ausgeliefert", sagte Dirk Sedlacek vom Institut für Schiffssicherheit, der auch an der Hochschule Flensburg lehrt, in Brisant, dem Infotainment-Magazin der ARD. Solch ein manövrierunfähiges Schiff könne abdriften, auf Grund laufen oder einen Wassereinbruch haben, so Sedlacek.
"MS Nordlicht" springt als Ersatz ein
Verletzte gab es nach Informationen der zuständigen Behörden nicht. Bis Dienstag wird die "MS Nordlicht" die Verbindung Büsum-Helgoland übernehmen. Bereits erworbene Tickets behalten laut der Reederei Adler und Eils ihre Gültigkeit.
"Funny Girl" voraussichtlich am Mittwoch wieder fahrtüchtig
Die genauen Gründe für den technischen Ausfall werden laut Mario Hildebrandt, Geschäftsführer der Reederei Adler und Eils, jetzt untersucht. Die nötigen Ersatzteile für die Reparatur der Fähre seien bereits bestellt. Im Laufe des Dienstags wird die "Funny Girl" dann repariert, sodass sie voraussichtlich ab Mittwoch ihren Betrieb wieder aufnehmen kann, so Hildebrandt weiter.
Um 17 Uhr gingen die Lichter aus
Am Sonntagabend hatte ein Passagier NDR Schleswig-Holstein gemeldet, dass gegen 17 Uhr - also eine halbe Stunde nach dem Ablegen auf Helgoland - zunächst die Lichter ausgegangen seien. Kurze Zeit später fielen demnach auch die Maschinen aus und das Schiff trieb manövrierunfähig auf der Nordsee. "Kein Licht, kein Motor, gar nichts mehr. Ja, und dann dümpelten wir daher", so ein Passagier zu NDR Schleswig-Holstein. Laut der Reederei Adler und Eils gab es einen technischen Defekt an Bord. Dabei handelte es sich, laut dem Hamburger Abendblatt, um eine Schalttafel der Elektrik für den Maschinenraum. Deswegen seien beide Generatoren ausgefallen, die Kühlung der Maschinen und damit die Maschinen selbst. Der Notgenerator konnte dem Bericht zufolge keinen Strom ins Netz einspeisen.
Schlepper nehmen Havaristen an den Haken
Wie ein Sprecher des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) NDR Schleswig-Holstein sagte, nahm die Crew der "Funny Girl" gegen 17.30 Uhr Kontakt zur Verkehrszentrale des WSA auf. Laut WSA brachen nach dem Hilferuf mehrere Schlepper zur havarierten "Funny Girl" auf: Der Notschlepper "Nordic", der vor Helgoland stationiert ist, leuchtete den Bereich um das havarierte Schiff aus. Die beiden Schlepper "Wulf 4" und "Wulf 7" einer privaten Reederei aus Cuxhaven waren laut Positionsdaten gegen 21.30 Uhr am Havaristen - also gut vier Stunden nach dem Schaden. Nach Daten des Schiffs-Trackingdienstes MarineTraffic war die "Funny Girl" in dieser Zeit etwa 8,5 Seemeilen - also etwa 16 Kilometer - zurück in Richtung Helgoland getrieben.
Gute Stimmung und genug Getränke
Die Stimmung an Bord war während der Stunden auf der Nordsee offenbar nicht schlecht: Ein Mitarbeiter der Funke-Medien-Gruppe, der an Bord war, sagte dem Hamburger Abendblatt: "Die haben gleich zu Beginn durchgesagt, die gute Nachricht sei, dass wir genug Bier an Bord hätten." Auch ein weiterer Reisender sagte NDR Schleswig-Holstein: "Es gab Getränke und die Crew war super drauf." Es habe allerdings einige Menschen gegeben, die seekrank geworden seien. Die See war während der Havarie vergleichsweise ruhig. In der Nacht lagen die stärkten Windböen auf Helgoland bei etwa 55 Kilometern pro Stunde. Medizinische Hilfe oder Unterstützung seien nicht angefordert worden, bestätigten Sprecher der Rettungsleitstelle See in Bremen und der Regionalleitstelle in Elmshorn.
"Froh, am Festland zu sein"
Die beiden Schlepper brachten die "Funny Girl" noch in der Nacht nach Büsum. Wegen des schlechten Wetters auf Helgoland war es laut Hildebrandt nicht sicher gewesen sie dorthin zurückzuschleppen. Gegen 2 Uhr erreichten sie den Liegeplatz im Hafenbecken. Die "Nordic" hatte den Schleppverband noch ein Stück weit begleitet, dann aber wieder in Richtung Helgoland abgedreht. "Jetzt bin ich sehr froh, am Festland zu sein und nach Hause zu fahren und zur Arbeit zu fahren", sagte eine Frau NDR Schleswig-Holstein, nachdem sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Und ein Passagier meinte: "Ich hatte mir schon überlegt, den Boden von Büsum zu küssen, aber das habe ich dann doch gelassen."
Karte: Die Route der "Funny Girl"
Schiff "Funny Girl" ist mehr als 50 Jahre alt
Die "Funny Girl" ist in der Hauptsaison bis Ende Oktober täglich im Liniendienst zwischen Büsum und Helgoland unterwegs. Es handelt sich laut Reederei um ein "traditionelles Seebäderschiff", das bereits 1973 gebaut und 2020 umfangreich modernisiert worden ist. Auf dem knapp 70 Meter langen Schiff können bis zu 799 Passagiere Platz finden.