Heizen mit Klimaanlage: Wärmepumpe komplett für 4.500 Euro
Klimaanlagen können auch heizen. In Skandinavien und Südeuropa sind sie Standard, in Deutschland eher selten. Sie pusten heiße Luft in einen Raum und nutzen effizient den Strom.
Es ist wie Meeresrauschen, findet Wolfgang Antonius Musolf aus Fahrdorf bei Schleswig. "Man hat das Gefühl, dass man irgendwo an der Ostsee ist. Aber irgendwann schaltet sie sich auch wieder ab." In seinem Wohnzimmer hängt ein länglicher Kasten, aus dessen Klappe lauwarme Luft strömt. Die Außeneinheit mit einem großen Ventilator hängt draußen auf der anderen Seite der Wand.
Wenig Aufwand beim Einbau
30.000 Euro, 100.000 Euro, eine halbe Million Euro - in der Diskussion um den Heizungstausch werden bisweilen abenteuerliche Summen genannt, die angeblich nötig seien, um eine Luft-Wasser-Wärmepumpe zu installieren. Die Kosten schnellen in die Höhe, wenn Heizkörper getauscht werden müssen oder im Altbau Sanierungsarbeiten anstehen, damit Wärmepumpen effizient arbeiten. Mit der Luft-Luft-Wärmepumpe, oft auch bezeichnet als Klimagerät, entfällt dagegen der gesamte Heizwasserkreislauf. Stattdessen zirkuliert die Luft im Raum und wird direkt erwärmt. Diese einfache Lösung ist entsprechend günstiger.
Günstige Ergänzung zur Fernwärme
Wolfgang Musolf hat sich zur Installation im vergangenen Herbst entschlossen. Bisher heizte er seine Doppelhaushälfte aus den 1990er Jahren komplett mit Fernwärme: "Wir haben diese drastische Preiserhöhung gekriegt," erinnert er sich. Mehr als 30 Cent pro Kilowattstunde Heizenergie kostet die Fernwärme in Fahrdorf für das gesamte Jahr 2023, eine Vervierfachung. Zwar gibt es die Preisbremse. Doch dadurch wird, wie beim Strompreis, ein fester Betrag verrechnet. Der hohe Fernwärmepreis zählt für den gesamten neuen Bedarf.
Klimaanlage nur für das Wohnzimmer - der Rest bleibt unverändert
Eine komplette Heizungsumstellung war dem Computerexperten zu teuer. Ein Internet-Video von einem Tüftler, der einen alten Bauernhof mit Klimageräten beheizt, machte ihn neugierig. Jetzt heizt er sein Wohnzimmer mit der Luft-Luft-Wärmepumpe. Im weniger genutzten Obergeschoss kommt weiterhin die Fernwärme zum Einsatz, aber auf Sparflamme.
Monteure sind ausgelastet
"Eine Einraumlösung mit einem kleinen Gerät - da fangen wir vielleicht bei 4.500 Euro an," sagt Kältetechniker Jörn-Ole Nissen aus Viöl (Kreis Nordfriesland). Bisher bediente er mit seiner Firma Kälte-Klima-Nord vor allem Gewerbekunden. Kältetechniker sind auf Klimageräte spezialisiert, während Heizungsbauer diese kaum anbieten. Für die Klimageräte im Privatkundengeschäft habe er aber kaum noch Kapazitäten frei, meint Nissen. Er schätzt, das sei überall in der Branche ähnlich.
Effizienz laut Hersteller vergleichbar mit Luft-Wasser-Wärmepumpen
Die Effizienz der Klimageräte könne im Vergleich zu Luft-Wasser-Wärmepumpen mithalten. Nach Herstellerangaben macht das Klimagerät aus einer Kilowattstunde Strom im Optimalfall das Fünffache an Wärmeenergie, bei leichtem Frost noch etwa das Dreifache.
Damit liegt der Wärmepreis bei 10 Cent pro Kilowattstunde - vergleichbar mit den aktuell günstigsten Gas-Neuverträgen. Doch Gas dürfte mittelfristig durch den CO2-Preis wieder teurer werden. Heizen mit Strom schont dagegen das Klima, wenn dieser mit Wind- und Sonnenenergie erzeugt wird.
Fünf Klimageräte ersetzen komplette Gastherme
Ein anderer Kunde, Norbert Paisen aus Husum (Kreis Nordfriesland), hat gleich den großen Wurf in seinem Einfamilienhaus gewagt, das ebenfalls vor 25 Jahren gebaut wurde. Seine Gasheizung wird bald abgeklemmt: "Das ist ein 160-Quadratmeter-Haus, es sind fünf Lüftereinheiten drin. Der Spaß lag bei 18.000 Euro. Halb so teuer wie eine Luft-Wasser-Wärmepumpe," sagt er.
Sie können auch kühlen
Die Folge: Ein paar Kabelschächte laufen an der Außenwand entlang. Es gibt zwei Außeneinheiten. Doch das stört ihn nicht, genauso wenig das leise Innengeräusch und die Luftbewegung - im Gegenteil: "Ich bin Raucher. Ich bin hier oft am Durchlüften. Deswegen war die Luft-Luft-Heizung das Ideale. Damit können Sie fünf bis zehn Grad innerhalb von 15-20 Minuten wieder aufheizen, ohne Probleme." Und nicht zuletzt können die Klimaanlagen im Sommer natürlich auch kühlen.
Heizungsbauer sind skeptisch
Auch Paisen berichtet von deutlich gesunkenen Verbrauchkosten. Dabei raten zwei befragte Heizungsbauer von dieser Lösung ab und empfehlen eher die große Luft-Wasser-Lösung. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein hat noch wenig Erfahrungen und verweist auf die Infos im Serviceportal Effizienzhaus-Online. Dort werden viele Vorteile genannt. Es heißt aber auch, die Luft-Luft-Wärmepumpe sei nur für Energiesparhäuser geeignet. In den Fällen in Fahrdorf und Husum handelt es sich um keine speziell sanierten Häuser. Und es funktioniert trotzdem.
Förderung liegt auf Eis
Es bleiben Schönheitsfehler. So ist die Förderung für die Geräte seit Jahresbeginn ausgesetzt, vermutlich nur vorübergehend, berichtet Nissens Kompagnon Dennis Jacobsen. Der Grund sei, dass Energieversorger bei Netzüberlastung die Luft-Luft-Wärmepumpen nicht ausschalten könnten. Doch diese Funktion könne sicherlich bald nachgerüstet werden.
Kältemittel bei Entweichen klimaschädlich
Ein weiterer Aspekt: Das Kältemittel, also die Substanz, die in den Schläuchen zwischen Außen- und Inneneinheit zirkuliert, ist besonders klimaschädlich. Alternativen, wie Propan bei neueren Luft-Wasser-Wärmepumpen, werden bei den Klimageräten laut Nissen noch nicht angeboten. Wenn das Kältemittel entweicht, entspricht das etwa den Emissionen von gut einem Jahr Heizen mit Gas. Der Klimatechniker betont aber: "Es ist ein hermetisches System. Bei Demontage der Anlage muss das Kältemittel abgesaugt und recycelt werden."
Warmwasser gegen Aufpreis
Räume ohne Inneneinheit bleiben natürlich etwas kühler. "Das Gästeklo ist schon ordentlich schattig. Da überlege ich, einen Infrarotstrahler an die Decke zu setzen," meint Nutzer Paisen. Auch für das Warmwasser stellt sich die Frage, ob sich eher ein ineffizienter, günstiger Durchlauferhitzer rechnet, oder die 4.000 Euro-Investition in eine Warmwassereinheit mit Wärmepumpe. Beides ist möglich und hängt vom persönlichen Verbrauchsverhalten ab.