Fischotterbaby "Henry" - Aufzucht in der Wildtierstation

Stand: 28.11.2022 14:15 Uhr

Ob junge Feldhasen, Füchse oder Steinmarder - kleine Tiere aufzuziehen ist für Katharina und Christian Erdmann Alltag. Doch jetzt haben sie einen besonderen Gast im Wildtierzentrum: Fischotterbaby Henry.

von Katharina van der Beek

Er war so unterkühlt, dass Christian Erdmann ihn kurzerhand in seinen Pullover steckte. Spaziergänger hatten den kleinen Fischotter Anfang Oktober bei Lauenburg gefunden. Weil seine Mutter nicht zurückkam, holten Christian Erdmann und seine Frau Katharina das kleine Tier ins Wildtier- und Artenschutzzentrum nach Klein Offenseth-Sparrieshoop (Kreis Pinneberg). Dennoch war am Anfang gar nicht klar, ob der Fischotter, der in der Aufzuchtstation "Henry" genannt worden ist, überlebt.

Nähe und Distanz bei der Wildtieraufzucht

24 Stunden am Tag musste Henry anfangs betreut werden, erzählt Katharina Erdmann: "Ich habe dann die Nächte übernommen und habe bei Henry geschlafen." Mit Aufzuchtmilch haben ihn die Pfleger schließlich aufgepäppelt. Statt 770 Gramm beim Fund bringt er mittlerweile vier Kilogramm auf die Waage und entwickelt sich gut. Doch jetzt wird es für die Tierpfleger der Wildtierstation erst richtig anspruchsvoll. Das Problem: Durch die Handaufzucht hat sich Henry an die Nähe zum Menschen gewöhnt. Nach und nach muss deshalb jetzt der Kontakt reduziert werden. "Weil wir natürlich den schmalen Grat erwischen müssen, ihm einerseits dieses Bedürfnis noch zu erfüllen und gleichzeitig ihn aber darauf vorbereiten, dass wir nicht seine sozialen Kameraden sind." Das heißt auch, Henry beizubringen, was er als Fischotter können muss.

Lernen, dass er ein Fischotter ist

Dabei helfen soll ein neues Fischotter-Gehege, das derzeit angelegt wird. Momentan lebt Henry noch im Teichgehege der Schildkröten. Das geht nur, weil diese gerade in Winterschlaf sind und Henry noch so klein ist. Und zunächst war er, wie alle seine Artgenossen, ohnehin wasserscheu. Laut Erdmann müssen alle Fischotterjungen vom Muttertier ermuntert werden, ins Wasser zu gehen. Auch dabei mussten die Tierpfleger helfen. Mittlerweile schwimmt Henry gerne. In seinem neuen Gehege, in das er noch in diesem Jahr ziehen soll, kann er das noch mehr: Dort entsteht ein naturnaher Wasserlauf mit vielen Versteckmöglichkeiten.

Ziel ist die Auswilderung

Am besten wäre für das Tier eigentlich ein Aufwachsen mit anderen Fischottern, so Erdmann. Deshalb werde momentan auch nach weiteren Jungtieren in Handaufzucht gesucht - sogar europaweit. "Das wäre natürlich das Optimum. Dann können sie voneinander lernen." Gleichzeitig wünsche man sich auch keinen zweiten Fischotter, weil man hofft, dass alle in freier Wildbahn groß werden. Und so ist das Wichtigste laut Erdmann, momentan von Tag zu Tag die Distanz zu Henry zu vergrößern. Eine Auswilderung an seinem Fundort ist für Mai kommenden Jahres geplant.

"Henry hat unsere Herzen erobert"

Diesem Tag blickt Katharina Erdmann jetzt schon mit gemischten Gefühlen entgegen. Denn: Alle haben Henry längst ins Herz geschlossen. In den zehn Jahren, die Erdmann und ihr Mann das Zentrum in Schleswig-Holstein führen, hatten sie nur vier Fischotter in der Aufzucht. Und die waren teils schwer verletzt oder schon so lange ohne Mutter, dass sie nicht überlebt haben. "Henry ist für uns jetzt der erste Fischotter, der hoffentlich - toi toi toi - sich weiter so gut entwickelt und ein ausgewachsener Fischotter werden wird." Generell sind Otter in Schleswig-Holstein laut NABU ausgesprochen selten. Umso größer sei die Freude, wenn Aufzucht und Auswilderung gelingen. Das Loslassen werde dennoch schwer fallen. "Das wäre gelogen, wenn ich nicht zugeben würde, an dem Tag sowohl ein lachendes, als auch ein weinendes Auge zu haben."

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 28.11.2022 | 19:30 Uhr

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