Fehmarnbelt: Unterwassermikrofone messen Lärmbelastung für Wale

Stand: 14.04.2023 12:43 Uhr

Mithilfe von Bojen und speziellen Messstationen wird überprüft, ob die Bagger und Bauschiffe zu laut sind. Denn im Fehmarnbelt leben Schweinswale, die mit Echoortung kommunizieren.

von Philip Kamke

An Deck der "Arctic Hunter" kommt langsam Bewegung auf. Die Besatzung trifft letzte Vorbereitungen und bereitet den Kran vor, denn gleich werden sie eine Boje aus der Ostsee holen, die ihnen neue Erkenntnisse liefern wird. Das Schiff befindet sich mitten im Fehmarnbelt, am Baufeld. Dort laufen die Arbeiten für die feste Fehmarnbeltquerung. In etwa 28 Metern Tiefe soll der Tunnel entlangführen. Zurzeit arbeiten hier gleich mehrere Schiffe mit schwerem Gerät. Das verursacht Lärm, vor allem unter Wasser. Deshalb messen Experten hier regelmäßig die Unterwasserschallbelastung.

Ein Mitarbeiter vom Institut für technische und angewandte Physik in Oldenburg nimmt das Messgerät ab, um die Daten der Unterwasserschallmessung auszulesen © NDR Foto: Philip Kamke
Ein spezielles Messgerät sammelt im Wasser Daten zur Schallbelastung.

Das Team kommt vom Institut für technische und angewandte Physik aus Oldenburg in Niedersachsen, kurz itap. "Wenn wir die Bojen aus dem Wasser holen, müssen wir mit dem Schiff die richtige Position haben, sonst können schnell die Seile in die Schiffsschraube kommen und das ist eine große Gefahr. Wir müssen die Ruhe bewahren. Jeder weiß, was er zu tun hat", sagt Dagmar Krüger, die die Kontrolltouren plant.

Messwerte werden an Bord ausgelesen und analysiert

Kurz nachdem die gelbe Boje an Bord gehoben ist, folgt ein länglicher, runder Behälter - die Messstation. Ein Unterwassermikrofon, ein Hydrofon, misst die Lärmbelastung etwa zwei Meter über dem Meeresgrund, rund um die Uhr, eine Woche lang. Zwölf Bojen liegen rund um das Baufeld, werden nach und nach gehoben und ausgelesen. Die Daten landen auf dem Rechner von Stephan Gerlach. Er sitzt an Bord vor seinen Laptops und analysiert die Werte direkt an Bord. "Wir haben so ein bisschen unsere Steckenpferde. Bei den Bauschiffen weiß man über die Zeit schon, welche Schiffe gegebenenfalls etwas lauter sind als andere und welche Gegend man sich genauer anschauen kann. Da könnte es dann interessanter werden. Das heißt aber nicht zwingend, dass es dann zu laut ist", sagt Gerlach.

Lärm bedeutet Stress für Schweinswale

Das Team vom Institut für technische und angewandte Physik in Oldenburg bei der Auswertung der Unterwasserschallmessungen  © NDR Foto: Philip Kamke
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werten die Daten an Bord aus.

Der Fehmarnbelt ist für den bedrohten Schweinswal ein wichtiger Lebensraum. Die Bauarbeiten bedeuten für die Tiere zusätzlichen Stress. "Schweinswale nutzen die Echoortung zum Kommunizieren. Sie nutzen es zum Nahrungssuchen, zum Sozialisieren. Dementsprechend nutzen sie die Geräusche die ganze Zeit. Daher gilt: Je lauter es ist, desto schwieriger ist es für sie zu kommunizieren", sagt Biologin Julika Voß von Bioconsult SH. Deshalb misst sie mit ihrem Team zusätzlich das Aufkommen von Schweinswalen, hat dafür im Fehmarnbelt 22 Messstationen ins Wasser gelassen. Diese Erhebungen sollen Aufschluss geben, in wieweit die Schweinswale von dem Lärm der Schiffe beeinträchtigt oder davon sogar aus dem Fehmarnbelt vertrieben werden könnten. Ergebnisse soll es in zwei bis drei Jahren geben.

Lärmgrenze einmal überschritten

Der Lärm darf gewisse Grenzwerte nicht überschreiten. Seitdem im Fehmarnbelt gemessen wird, ist das einmal passiert. Das war ziemlich zu Beginn der Bauarbeiten. "Ein Arbeitsschiff musste deshalb den Betrieb vorläufig einstellen", erzählt Judith Flamme, Projektmanagerin bei Fehmern A/S. Sie seien dazu verpflichtet, einmal in der Woche Berichte über die Lärmbelästigung der Bauarbeiten abzugeben. "Wir wissen immer im Vorfeld, welche Schiffe kommen. Die werden dann auch vor Ort vermessen. Das heißt: Wir können auch vorab Prognosen machen. Kommen Bagger A, Bagger B oder C alle zusammen, können wir vorher gucken: Passt das so? Oder müssen wir sagen, diese beiden Bagger können zusammen arbeiten und einer muss erstmal im Hafen warten, bis die anderen beiden fertig sind", sagt Flamme.

Das Team an Bord benötigt etwa fünf Minuten, bis eine Boje aus dem Wasser geholt ist, die Daten ausgelesen sind und die Boje zurück ins Wasser gelassen wird. Nach etwa sechs Stunden sind alle Daten auf den Rechnern an Bord. Fazit: In dieser Woche waren alle Werte im Toleranzbereich. In der kommenden Woche werden sich die Experten wieder auf den Weg machen und kontrollieren, ob die Arbeitsschiffe im Fehmarnbelt zu laut arbeiten oder nicht.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 13.04.2023 | 19:30 Uhr

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