Diako-Krankenhaus Flensburg: Zunächst müssen 43 Mitarbeiter gehen
Die Beschäftigten des insolventen Diako-Krankenhauses in Flensburg haben am Donnerstag erfahren, welche Kolleginnen und Kollegen zuerst gehen müssen.
Die Klinikleitung hat um 9 Uhr damit begonnen, die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber zu informieren, dass sie künftig nicht mehr im Krankenhaus arbeiten werden. Insgesamt verlieren zunächst 43 Menschen ihren Arbeitsplatz - darunter Ärztinnen und Ärzte sowie Schreib- und Hilfskräfte. Die Klinikleitung bietet ihnen an, in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Sie erhalten dann bis zu 85 Prozent ihres bisherigen Gehalts und haben einige Monate Zeit, sich zu qualifizieren und einen neuen Job zu suchen.
Sozialplan regelt Stellenabbau
Wer sich nicht innerhalb von einer Woche für die Transfergesellschaft entscheidet, muss laut Klinikleitung mit einer Kündigung rechnen. Die Kündigungsfrist liegt im Insolvenzverfahren bei höchstens drei Monaten - selbst bei langjährigen Beschäftigten, die laut kirchlichem Arbeitsrecht eigentlich unkündbar sind. Abfindungen soll es nicht geben.
Klinikleitung und Mitarbeitervertretung (MAV) hatten sich auf einen sozialverträglichen Stellenabbau verständigt und sich dabei vor allem an rechtlichen Faktoren orientiert. "Für die Betroffenen ist die Situation natürlich ein harter Einschnitt und das tut mir sehr leid", sagt Klinik-Chef Ingo Tüchsen. "Wir verlieren damit leider auch hochengagierte Kolleginnen und Kollegen." Aus Sicht der Mitarbeitervertretung gab es bei den ursprünglichen Plänen der Geschäftsleitung "Schwächen oder Fehleinschätzungen", die bei mehreren Ortsterminen thematisiert werden konnten. "Das war in Hinblick auf den Zeitdruck nicht einfach, führte aber dazu, dass Teile des Sanierungskonzeptes korrigiert werden konnten", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der MAV.
Klinik-Chef: "Ziel nicht erreicht"
Kurz vor Weihnachten hatte die Klinikleitung angekündigt, sich von bis zu 110 Mitarbeitern trennen zu wollen. 23 Beschäftigte hatten im sogenannten Schutzschirmverfahren die Diako aus Altersgründen oder freiwillig verlassen. Jetzt müssen 43 weitere gehen. Insofern werden zunächst weniger Arbeitsplätze abgebaut als geplant. "Unser Verhandlunsgziel haben wir nicht erreicht", sagt Klinikgeschäftsführer Ingo Tüchsen. "In mehreren Abteilungen oder Bereichen konnte ein Personalabbau verhindert oder deutlich reduziert werden", teilte die Mitarbeitervertretung schriftlich mit. "Die Mitarbeitervertretung hat tatsächlich bis zum letzten Verhandlungstag um einzelne Personen gekämpft. Auch die Sozialauswahl konnte kritisch begleitet und positiv beeinflusst werden."
Zum Beispiel bleibt der sogenannte Hol- und Bringdienst Teil des Unternehmens. Dort fallen zunächst sechs Stellen weg und nicht alle 23, wie ursprünglich geplant. Die Mitarbeitenden dieser Abteilung stellen unter anderem Betten bereit. Künftig sollen sie aber nicht mehr für Botendienste eingesetzt werden. Dafür will die Diako ihr Rohrpostsystem nutzen.
Zentral-Ambulanz soll Doppelstrukturen vermeiden
Tüchsen betont, dass alle Abteilungen erhalten bleiben sollen. Die ambulante Versorgung von Patienten will die Klinik künftig völlig anders organisieren: Bisher hatten alle Fachbereiche eigene Ambulanz-Sprechstunden - verstreut im Haus, mit eigener Anmeldung und eigenem Mitarbeiter-Stab. Mit einer Zentralen Ambulanz teilen sich schon jetzt die Unfallchirugie, die Anästhesie und die Gynäkologie Räume und Personal. Weitere Abteilungen sollen folgen.
Die Abrechnung, die sogenannte Codierung von Leistungen, hingegen soll künftig direkt auf den Stationen beginnen und nicht in einer zentralen Einheit wie bisher. Die Schreibkräfte, die bisher Arztberichte abgetippt haben, müssen alle gehen. Eine Spracherkennungs-Software soll die Aufgabe übernehmen. Weitere Pläne brauchen laut Klinikleitung noch mehr Zeit: Das eigene Labor soll bis Jahresende stärker automatisiert arbeiten, verbunden mit einem Stellenabbau. Bei den Pflegekräften plant die Klinik keine Kürzungen. Sie werden durch neue Strukturen oder Aufgaben aber mittelbar betroffen sein.
Unklare Zukunft für Dienstleister
Die Klinikleitung will das Ergebnis des Klinikums um 15 bis 16 Millionen Euro verbessern. Das soll zu etwa einem Drittel durch den Personalabbau geschehen, zu einem Drittel durch zusätzliche Einnahmen und zu einem Drittel durch Einsparungen bei Lieferanten und Dienstleistern. Die Klinikleitung will unter anderem die Reinigungsintervalle verringern. Noch ist unklar, was das für die Beschäftigten der Servicegesellschaft bedeutet, die ebenfalls zur Ev.-Luth. Diakonissenanstalt zu Flensburg gehört.
Die Diako-Gruppe beschäftigt in der Region insgesamt etwa 3.600 Mitarbeitende. In der insolventen Krankenhaus gGmbH arbeiten derzeit etwa 1.400 Menschen. Das Krankenhaus hat für die Stadt und das Umland eine wichtige Bedeutung - als Arbeitsgeber, aber auch für die Versorgung der Bevölkerung: Die Diako betreibt unter anderem die einzige Zentrale Notaufnahme in der Gegend und zahlreiche Fachabteilungen, darunter die größte Geburtsklinik in Schleswig-Holstein.