Eine Platine mit verschiedenen Computerchips. © Vishay Foto: Vishay

Chip-Hersteller Vishay baut neue Fabrik in Itzehoe

Stand: 20.03.2023 05:00 Uhr

Vishay Itzehoe baut seinen Standort aus. Am Montag hat der Bau einer zweiten Chipfabrik begonnen. Das Unternehmen investiert etwa 325 Millionen Euro und rechnet mit 150 neuen Arbeitsplätzen.

von Sven Jachmann

Für den Neubau und zukünftige Erweiterungen hat Vishay zusätzliche 30.000 Quadratmeter Land von der Stadt Itzehoe (Kreis Steinburg) gekauft. Die Entscheidung für den Ausbau fiel schon vor eineinhalb Jahren. Da war das Thema Energiepreise noch nicht ausschlaggebend und die USA warben auch noch nicht massiv mit Milliardensummen um Firmenansiedlungen.

Dennoch wäre die Entscheidung nach Angaben von Geschäftsführer Leif Henningsen auch heute für Itzehoe gefallen. "Im Sommer produzieren wir hier seit 26 Jahren. In der Zeit haben wir eine erstklassige Expertise aufgebaut."

Unternehmen hofft auf Fachkräfte aus Hamburg

Ein Mann im Anzug steht im Treppenhaus eines Geschäftshauses und lächelt in die Kamera. © Vishay Foto: Vishay
Vishay-Geschäftsführer Leif Henningsen

Itzehoe hat sich innerhalb des Konzerns zu einem leistungsfähigen Standort entwickelt. Heute ist es der modernste im Unternehmen. Die Belegschaft wuchs von 120 auf fast 500 Mitarbeiter.

Vishay hat die Investitionen am Standort in Itzehoe auch nicht von Förderungen abhängig gemacht, sagt Henningsen. Ausschlaggebend ist die Nähe zu Hamburg. Der Konzern erhofft sich dadurch, gute Fachkräfte zu gewinnen. "Die Produktion in der neuen Fabrik beginnt zwar erst in drei Jahren, aber bereits jetzt suchen wir Mitarbeiter, die bei uns entsprechend weitergebildet und auf die eigenen Produkte geschult werden."

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Spezialist für Autoindustrie

Die Itzehoer produzieren Halbleiterbauteile für die Autoindustrie. Vor allem Leistungstransistoren, darunter Schalter für die Motorsteuerung. Diese werden auf Siliciumscheiben mit 200 mm Durchmesser aufgebracht. Bis zu 190.000 Teile passen auf so eine Scheibe.

"Diese sogenannten Wafer schicken wir an unsere Standorte nach Asien. Dort bekommen sie ein Gehäuse. Von dort werden sie an unsere Kunden verschickt", erklärt der Vishay-Geschäftsführer. "Die bauen unsere Produkte in ihre Schaltungen ein und dann werden sie an die Automobilindustrie geliefert." Der Auotomotive-Bereich sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich um 10 Prozent gewachsen. "Wegen der hervorragenden Qualität, die wir in Itzehoe produzieren, war es sogar ausdrücklicher Wunsch der Autoindustrie, den Standort zu vergrößern." 

Produktion in Itzehoe wird mehr als verdoppelt

Mit der neuen Fabrik will Vishay seine Produktion mehr als verdoppeln. Die Wafer wachsen von 200 auf 300 mm. Schon allein dadurch vergrößert sich die Produktion. "Ein riesiger Kostenvorteil, denn wir haben mit dem gleichen Einsatz das 2,2-fache an Bauelementen", so Henningsen.

Die alte Fabrik wird aber nicht geschlossen. "Ich werde das immer wieder von Bekannten gefragt. Nein, wir werden künftig in zwei Fabriken in Itzehoe produzieren. Die neue ist komplett on top." Zusätzlich könne der Reinraum im neuen Gebäude von zuerst geplanten 2.100 auf bis zu 4.000 Quadratmeter vergrößert werden. Aber das ist noch Zukunftsmusik. 

Fraunhofer Institut ISIT ist Partner

Zwei Männer arbeiten in einem Reinraum. © Vishay
Im Reinraum von Vishay gibt es so gut wie keinen Staub in der Luft.

Direkt nebenan sitzt das Fraunhofer Institut ISIT, das mit Vishay zusammenarbeitet. Dem Institut ist es zu verdanken, dass Vishay überhaupt erst nach Itzehoe kam. "Fraunhofer hatte den ersten Reinraum gebaut. Wir wurden industrieller Partner", erklärt der Geschäftsführer Leif Henningsen. "Wegen des Reinraums wurde die amerikanische Zentrale von Vishay überhaupt erst auf Itzehoe aufmerksam."

Mit Fraunhofer setzt das Unternehmen gemeinsame Projekte um. Das Institut nutzt den Raum auch für eigene Zwecke. Dank des Reinraums, dem Herzstück der Produktion, kann Vishay seine Produkte mit höchster Präzision herstellen. Denn es ist einer der saubersten Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein. Ein spezielles Belüftungssystem sorgt dafür, dass die Anzahl an Staubkörnchen so gering wie möglich gehalten wird. In der Luft dürfen sich nur minimalste Partikel befinden, bereits Partikel mit einer Größe von 0,5 Mikrometer können das Produkt beschädigen. Ein Partikel auf einem Quadratzentimeter ist vergleichbar mit einem Reiskorn im Fußballstadion.

"Hier passiert richtig was"

In der Nachbarschaft befindet sich auch das Batterieunternehmen Customcells, das ebenfalls neu baut. "Das spricht absolut für den Standort und zeigt - hier entsteht die Zukunft", sagt Henningsen. Das werde ihm auch von der Zentrale in Amerika gespiegelt.

"In Deutschland sind wir auf dem richtigen Weg. Wir haben das notwendige Know-how und Qualitätsdenken. Hier ist in den letzten Jahren richtig was passiert – und wir sind noch lange nicht am Ende unserer Möglichkeiten."

Vom Start-Up zum globalen Unternehmen

In Amerika wurde das Unternehmen Vishay gegründet - und zwar im Jahr 1962 von Felix Zandmann. Seine Familie wurde von den Nationalsozialisten verfolgt. Er konnte sich bei einer polnischen Familie verstecken. Nach dem Krieg studierte er in Frankreich und wanderte nach Amerika aus. Er spezialisierte sich auf elektronische Widerstände - mit Erfolg. Sein Unternehmen wurde Marktführer von Folienwiderständen.

Heute beliefert Vishay Kunden sämtlicher Industriezweige. Chips von Vishay befinden sich in Handys, Laptops, Spielekonsolen oder auch in der Medizintechnik. Als versteckten Champion würde Leif Henningsen sein Unternehmen aber nicht bezeichnen. "Wir sind sicherlich nicht sonderlich bekannt, aber dafür sind wir weltweit ein ziemlich großer Player." Ein großer Player, der in Itzehoe noch Großes vor hat.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 20.03.2023 | 08:00 Uhr

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