Bürgermeisterwahl in Lübeck: Schüler befragen Politiker

Stand: 04.10.2023 20:58 Uhr

In einem Monat ist in Lübeck Bürgermeisterwahl. Fast 900 Jugendliche können dieses Jahr zum ersten Mal ihre Stimme abgeben. Die Kandidatinnen und Kandidaten haben sich am Mittwoch zahlreichen Fragen in einer Wahlarena gestellt, die von Schülerinnen und Schülern organisiert wurde.

von Margarita Ilieva

"Ich bin gespannt, viele unterschiedliche Meinungen zu hören, vor allem wenn es um das Thema Schule geht. Da vermute ich deutliche Differenzen". Friederike Staack ist Schülerin der zehnten Klasse an der Thomas-Mann-Schule im Lübecker Südosten. Dieses Jahr kann sie zum ersten Mal wählen. Sie ist zusammen mit anderen Schülerinnen und Schülern aus ihrem Politikprofil am Mittwoch zur Wahlarena gekommen. Ganz besonders bewegt die Schülerin das Thema Digitalisierung in der Schule. Da wünscht sie sich neue Lösungen.

Eine junge Frau blickt auf ein Tablet. © NDR Foto: Margarita Ilieva
Schnelleres Internet und digitale Bildung – das und vieles mehr wünschen sich Lübecks Schülerinnen und Schüler von ihrem neuen Bürgermeister.
Wahlentscheidung hängt mit Auftritt zusammen

Für die 16-Jährige steht nicht zur Debatte, ob sie als Erstwählerin zur Wahlurne geht oder nicht. Bei der Frage, wem sie ihre Stimme gibt, ist für die Schülerin ein überzeugender Auftritt des zukünftigen Bürgermeisters von Bedeutung: "Die Entscheidung, dass ich zur Wahl gehe, hängt gar nicht so sehr vom heutigen Termin ab. Ich finde es einfach wichtig, die Präsentationsstärke zu sehen. Mir ist es wichtig, dass [der zukünftige Bürgermeister] gut auftreten kann", so die Zehntklässlerin.

Drei Männer und zwei Frauen kandidieren für das Amt

Neben Friederike sind noch weitere 500 Schülerinnen und Schüler verschiedener Schulen am Mittwoch in den Festsaal des Lübecker Kolosseums gekommen, um die Vorhaben der Bürgermeisterkandidaten zu erfahren. Insgesamt fünf Schulen aus Lübeck, sowie das "Stadtschüler*innen Parlament" haben an der Wahlarena teilgenommen. Die zivilgesellschaftliche Organisation Europa-Union Lübeck, die gemeinnützige Organisation "Schüler*innen Helfen Leben" und das europäische Jugendnetzwerk SAME haben die Veranstaltung auf die Beine gestellt.

Auf der Bühne stehen die Kandidaten für den Posten des Lübecker Bürgermeisters: der aktuelle Amtsinhaber Jan Lindenau (SPD), der Grünen-Politiker Dr. Axel Flasbarth, die CDU-Kandidatin Melanie Puschaddel-Freitag sowie die beiden Einzelbewerber Sophie Bachmann und Uwe Effenberger.

Kandidaten haben unterschiedliche Ideen beim Thema Digitalisierung

Mit der Frage nach einer Zukunftsvision für ein "digitaleres" Lübeck haben sich auch Schülerinnen und Schüler der Hanse-Schule an die Kandidaten gewendet. Sie wollten wissen, wie sie sich ein Lübeck vorstellen, in dem die Digitalisierung erfolgreich eingesetzt wurde. Grünen-Politiker Dr. Axel Flasbarth schildert den Traum einer "komplett digitalisierten Verwaltung, in der alles digital funktioniert und Menschen mit digitalen Akten arbeiten". Die Digitalisierung im öffentlichen Stadtraum solle ihre Funktion "wirklich erfüllen und unser Leben einfacher machen", so Flasbarth.

Anders sieht es der amtierende Bürgermeister Jan Lindenau (SPD): "Ein bisschen bedauerlich ist es, dass Dr. Flasbarth selbst nach sechs Jahren noch nicht verstanden hat, dass genau diese Dienstleistungen durch-digitalisiert wurden und fast keiner eine PDF ausdruckt." Für Lindenau soll vor allem eine "Automatisierung vorm Hintergrund des Fachkräftemangels" angestrebt werden, damit "Menschen in den Fokus gestellt werden und Prozesse digital ablaufen." Auch die Anschaffung von Tablets für die Schülerinnen und Schüler soll den Übergang zu einer digitalen Schulreform vorantreiben, so Lindenau.

Schüler stellen auf der Bühne Fragen zu politischen Themen. © NDR Foto: Margarita Ilieva
Wie soll ein digitales Lübeck aussehen und wie werden Senioren und Seniorinnen an neue Technologien herangeführt? Das wollten Heiko Ratz und Antoni Schmidt von der Hanse-Schule wissen.
"Einige Schulen arbeiten noch mit Tafel und Kreide"

Einzelkandidatin Bachmann ergänzte die Vision einer digitalen Schule mit Beispielen aus dem Alltag vieler Menschen: "Ich laufe durch die Lübecker Innenstadt im Jahr 2030 und habe überall kostenloses W-LAN. Ich wünsche mir, dass alle Haushalte mit Glasfaser ausgestattet sind und dass ich nicht mehr so lange warten muss, bis alles in der Verwaltung digitalisiert ist. Ich wünsche mir am besten, dass ich zum Automaten gehen kann, meine Fingerabdrücke scannen und meine Daten ausfüllen kann und unten mein Personalausweis rauskommt. Davon träume ich."

Gerade beim Punkt Ausbau der digitalen Stadtverwaltung sieht Unionskandidatin Puschaddel-Freitag die meisten Herausforderungen. Im Bereich digitale Schule sieht die CDU-Kandidatin Ausbaupotential bei der Infrastruktur: "Es gibt tatsächlich noch Schulen, an denen noch mit Tafel und Kreide gearbeitet wird - das finde ich gar nicht mehr zeitgemäß." Als Lösung sieht sie etwa auch die Anschaffung von Tabletts unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Elternhäuser.

Eine junge Frau filmt die Diskussion in der Wahlarena in Lübeck. © NDR Foto: Margarita Ilieva
Etwa 900 Erstwählerinnen und Erstwähler geben in diesem Jahr ihre Stimme für einen der Bürgermeisterkandidierenden ab.

Uwe Effenberger sieht bei der Ausstattung der Schulen mit digitalen Endgeräten vor allem die Sorge mancher Eltern, dass die Kinder "das Schreiben verlernen" als ein großes Hindernis. Ihre Anschaffung sei jedoch für alle Schulen in Lübeck ganz wichtig und auch ein Ziel des Einzelkandidaten.

"Keine Plattitüden bitte"

Auch aus Sicht der Lehrkräfte ist das Treffen mit den zukünftigen Amtsinhabenden relevant. "Gerade in einer Welt, die von Autokraten und Diktatoren geprüft wird, glaube ich, dass es wichtig ist, dass unsere Schüler wirklich verstehen, dass Demokratie gelebt werden muss und Diskussionen dazugehören“, sagt Matthias Hamann. Seine Schülerinnen belegen das Politik-Profil an der Thomas-Mann-Schule. Er wünscht sich, dass auf die Bedürfnisse der jungen Leute ernsthaft eingegangen wird und sie nicht mit "Plattitüden erschlagen werden".

Mehr innovative Lösungen gewünscht

Die Meinungen nach der Debatte im Lübecker Kolosseum sind gemischt - während einige in ihrer Entscheidung, wem sie ihre Stimme bei der diesjährigen Bürgermeisterwahl geben, bestärkt wurden, empfinden andere eine gewisse Enttäuschung. Die Diskussion sei zwar interessant und die Positionen der Politiker deutlich gewesen. Allerdings seien zu wenige neue Lösungen angeklungen. So auch für Friederike Staack. "Es waren oft die gleichen Vorschläge, die immer wieder aufgegriffen wurden - die Person, die als erstes gesprochen hat, hat ein bis zwei Stichpunkte geliefert, zu denen die anderen Kandidaten etwas gesagt haben. Ich hätte mir aber mehr neue Vorschläge gewünscht", so die Schülerin.

Die Bürgermeisterwahl in Lübeck findet am 5. November statt. Stimmberechtigt sind 175.00 Lübeckerinnen und Lübecker.

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Schüler blicken auf ihre Tablets. © NDR

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 04.10.2023 | 19:30 Uhr

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