A20-Ausbau ausgebremst? Günther spricht von "herbem Schlag"
Die Bundesspitzen von SPD, FDP und Grünen haben sich auf Kompromisse bei Fragen über einen schnelleren Ausbau der Infrastruktur und zum Klimaschutz geeinigt. Das hat in Schleswig-Holstein vor allem Einfluss auf den Weiterbau der A20.
Während andere Autobahnprojekte nach den Beschlüssen der Ampel-Koalition in Berlin weiter vorangetrieben werden sollen, wird der Weiterbau der A20 ganz offenbar ausgebremst - zur Enttäuschung der schleswig-holsteinischen Landesregierung. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) spricht von "einem herben Schlag". Es sei "schlicht enttäuschend, wenn die Zusagen, die Volker Wissing in mehreren Gesprächen mir persönlich gegenüber gemacht hat, nicht eingehalten werden", so Günther weiter.
Bundesregierung sieht kein überragendes Interesse
Der Autobahn wird in Berlin kein überragendes öffentliches Interesse zugesprochen. Sie befindet sich nicht in der Liste der 144 Verkehrsprojekte, die unter anderem von vereinfachten Verwaltungsverfahren profitieren können. "Wir brauchen eine funktionsfähige Ost-West-Querung gerade auch für die Unternehmen, die sich rund um erneuerbare Energien im Norden ansiedeln wollen", fordert Günther: "Die A20 hätte daher ins vorrangige öffentliche Interesse aufgenommen werden müssen, so, wie es der Bundesverkehrsminister bisher vertreten hat."
Verbände kritisieren Entscheidung
Damit dürfte der Weiterbau der A20 noch länger dauern als ohnehin schon befürchtet. Seit Jahrzehnten wird daran geplant, die Autobahn von Bad Segeberg über Bad Bramstedt und westlich von Hamburg über die Elbe bis nach Niedersachsen zu verlängern. Die Industrie und Handelskammer Schleswig-Holstein befürchtet: Vor allem das ihrer Auffassung nach erleichterte Klagerecht führe dazu, dass sich der Ausbau noch weiter verzögert.
In die gleiche Richtung geht auch die Kritik vom Unternehmensverband Logistik Schleswig-Holstein (UVL). Geschäftsführer Thomas Rackow meint, dass sich für viele Transportstrecken die Bahn einfach nicht lohne - und die Unternehmen deshalb auf den Weiterbau der A20 angewiesen seien.
UV Nord: Scholz muss die Entscheidung korrigieren
Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände (UV Nord), Michael Thomas Fröhlich, geht noch weiter: Er will gegen die Entscheidung in Berlin Protest einlegen. "Wir werden jedenfalls in einer Zusammenkunft aller wichtigsten Player aus den Verbänden hier in Kiel eine konzertierte Aktion beginnen müssen und wir werden auch dafür sorgen, dass der Bundeskanzler sich nicht aus seiner Verantwortung zieht. Wir werden fordern, dass er es zur Chefsache macht." Die Nachlässigkeit in den Verhandlungen müsse korrigiert werden, so Fröhlich.
A20-Ausbau laut BUND nicht vom Tisch
Doch es gibt auch die andere Seite: Nelly Waldeck, Landtagsabgeordnete der Grünen, findet die Entscheidung richtig: "Wir haben uns für die Schiene und gegen die Straße entschieden." Auch der Naturschutzbund BUND zeigt sich zufrieden. Man sei "mit einem blauen Auge davongekommen". Dennoch geht der BUND davon aus, dass die Autobahn gebaut wird.
Madsen wirft Bundesregierung Wortbruch vor
Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) ist davon überzeugt, dass der Beschluss den Ausbau massiv ausbremst - und das, obwohl Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) noch im Februar bei einem Besuch in Brunsbüttel die A20 als ganz wichtige Autobahn bezeichnet hatte.
Madsen wirft der Bundesregierung Wortbruch vor und bezeichnet die Entscheidung als "Schlag ins Gesicht für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Westküste". Trotzdem will er die Planungen mit der DEGES - also der für den Autobahnausbau zuständigen Gesellschaft - weiterführen.
Bundestagsvizepräsident Kubicki widerspricht Madsen
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) kann Madsens Aussagen nicht nachvollziehen. "Wir bedauern sehr, dass Verkehrsminister Madsen offensichtlich keine Ahnung hat, was im Koalitionsausschuss beschlossen wurde." Die A20 sei im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans und werde entsprechend gebaut. Alles andere seien Fake News, so Kubicki.