75 Jahre Freiwillige Feuerwehr auf Langeneß
Wenn es auf der Hallig Langeneß brennt, muss die Freiwillige Feuerwehr bereit sein. Egal ob Pastor, Lehrerin oder Landwirt. Auf der Hallig sind alle gefordert und halten die Stellung, bis Verstärkung vom Festland kommt. Und das jetzt schon seit 75 Jahren.
Ein Haus auf einer Warft der Hallig brennt. Es muss schnell gehen. Wichtigstes Ziel für die Freiwillige Feuerwehr der Hallig ist, das Ausbreiten der Flammen auf andere Gebäude zu verhindern. Der Ernstfall wird geprobt. Im Sommer etwa alle drei Wochen. In zwei Reihen stehen heute insgesamt sechs Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr der Hallig vor dem Einsatzfahrzeug. Ihre Einsatzkleidung wurde in diesem Jahr neu angeschafft. Die Helme glänzen in der Sonne. Wehrführer Honke Johannsen gibt das Startkommando für die Einsatzübung. Dann geht es ziemlich schnell. Die Schläuche werden aus dem Feuerwehrfahrzeug geladen, ausgerollt und verbunden.
Ob Pastor, Lehrerin oder Landwirt ... alle sind gefordert
Auch der Pastor der Hallig, Matthias Krämer, packt mit an. Er ist gerade erst zum Löschmeister ernannt worden. Vor seiner Kirche findet die Übung statt. Dass er neben seinem Kirchen-Job Zeit für die Freiwillige Feuerwehr einplant, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Während Pastor Krämer den Schlauch ausrollt, sorgt die Lehrerin der Hallig, Lisa Bless, dafür, dass die Pumpe Wasser aus dem Priel ansaugen kann. Auch für sie ist es wichtig, dass sie sich als Bewohnerin der Hallig hier engagiert. Sie selbst nahm die Feuerwehr einmal in Anspruch und entschied sich dann, selber einzutreten, um etwas zurückzugeben.
"Ich möchte mich hier in die Gemeinschaft einbringen." Lisa Bless, Hallig-Lehrerin
Im Ernstfall auf sich alleine gestellt
Rund 20 Mitglieder gibt es derzeit bei der Freiwilligen Feuerwehr auf Langeneß (Kreis Nordfriesland) und der Nachbarhallig Oland. Die Gemeinde hat rund 100 Einwohner. Beide Wehren arbeiten zusammen, ihre Halligen verbindet ein kleiner Damm, auf dem eine Lore verkehren kann. Dann heißt es: "Wasser Marsch". Wehrführer Honke Johannsen beobachtet das Einsatzteam und steht helfend zur Seite. Seit rund 30 Jahren ist der Landwirt und Mitarbeiter des Küstenschutzes schon dabei, seit 2012 ist er Wehrführer. Für den Ernstfall müssen sie vorbereitet sein, denn wenn es auf der Hallig brennt, sind sie erst einmal auf sich alleine gestellt. Bis Verstärkung vom Festland kommt, kann es dauern. Bis zu einer Stunde. Die käme von Dagebüll auf dem Festland, rund 5 Kilometer entfernt mit dem Schiff.
"In der ersten Stunde kommt hier keine Hilfe!" Honke Johannsen, Wehrführer
Zehn bis 15 Einsätze gibt es pro Jahr. Etwa 15 Warften gibt es auf Langeneß. Manchmal ist es ein kleiner Schwelbrand in einer Küche, dann sind es Menschen, die im Watt stecken und gerettet werden müssen. Meistens aber unterstützen sie den Rettungssanitäter, wenn es medizinische Notfälle gibt. Das ist einmal im Monat der Fall, da die Hallig auch viele Touristen beherbergt. Wirklich groß sind die Einsätze aber meist nicht. Vor rund fünf Jahren allerdings gab es auf Langeneß den bislang größten Löscheinsatz. Ein Reetdachhaus auf einer Warft wurde vom Blitz getroffen. Zum ersten Mal musste ein echter großer Brand bekämpft werden.
Größter Hallig-Brand war 2018
Das Problem damals: Der Sommer war heiß. Die Priele, aus denen normalerweise Löschwasser entnommen wird, waren trocken und die Nordsee hatte Ebbe. Also musste Wasser aus der einzigen Leitung genommen werden, die die komplette Hallig mit Trinkwasser versorgt. Der Brand wurde damals von der Hallig-Feuerwehr gelöscht und das Übergreifen der Flammen auf andere Gebäude verhindert. Das Reetdachhaus allerdings brannte bis auf die Grundmauern nieder.
"Vor 75 Jahren wurde noch mit Löscheimern gearbeitet." Honke Johannsen, Wehrführer
Früher wurde noch mit Wassereimern gelöscht, erinnert sich Wehrführer Honke Johannsen. Seit 75 Jahren gibt es die Freiwillige Feuerwehr hier, und die Löschmethoden und die Ausrüstung haben sich deutlich verändert. Früher musste im Ernstfall Wasser mit Eimern und einer Menschenkette zum Brandort befördert werden, es gab keine Straßen und Telefone ebenso wenig.
Heute steht modernes Equipment wie zwei moderne Pumpen zur Verfügung. Ist eine davon kaputt, kann sie sogar noch am selben Tag durch Unterstützung des Feuerwehrverbands in Husum ersetzt werden. 2006 wurde ein neues Feuerwehrauto angeschafft, ein sogenannter TSF-W mit 500 Litern Wassertank. Dank der kurzen Strecken, die er fahren muss, hat er erst 4.000 Kilometer auf dem Tacho.
Der Nachwuchs fehlt
An modernem Gerät mangelt es nicht. Die Freiwillige Feuerwehr hat aber dennoch ein Problem. Anders als bei anderen Feuerwehren gibt es hier keine Jugendfeuerwehr. Wenn die Kinder größer werden, zieht es sie erstmal aufs Festland. Seit den achtziger Jahren ist die Zahl der Freiwilligen um ein Drittel zurückgegangen, der Nachwuchs fehlt.
Die Übung an der Warft der Kirche ist vorbei. Wehrführer Honke Johannsen zieht ein positives Fazit und verabschiedet seine Freiwilligen. Das Team säubert noch schnell die Schläuche von Salzwasser, dann geht’s zurück zum Feuerwehrhaus. Abladen und das Equipment für den nächsten Einsatz bereitmachen. Und der, das hoffen hier alle, soll am besten kein größerer Brand sein.