Schweinehälften passieren einen Kontrollterminal in einem Schlachthof in Ostfriesland. © picture alliance / Ingo Wagner/dpa | Ingo Wagner Foto: Ingo Wagner
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AUDIO: Trotz Verbots für Werkverträge: Nutzen Schlachthöfe Arbeiter aus? (4 Min)

Weiterhin Streit um Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen

Stand: 23.05.2023 07:25 Uhr

Werkverträge in der Fleischindustrie sind mittlerweile zwar verboten. Doch das alte Abhängigkeitsverhältnis bestehe fort, kritisiert die Gewerkschaft NGG. Die Arbeiter müssten unbezahlte Mehrarbeit leisten.

von Göran Ladewig

In einem Punkt sind sich alle Konfliktparteien einig: Werkverträge gibt es nicht mehr. Daran halten sich die Großschlachthöfe. Seit Anfang 2021 ist dieses Vertragsverhältnis in Fleischbetrieben mit mindestens 50 Mitarbeitenden verboten. Das Werkvertragssystem ermöglichte ein Netz aus komplizierten Verstrickungen verschiedener Subunternehmen. Es wurde verantwortlich gemacht für die damals teils miserablen Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen. Doch sind die mit dem Verbot wirklich Geschichte?

"Im Prinzip so, wie es vor Jahren auch schon war"

Florian Kossen ist Hausarzt in Goldenstedt (Landkreis Vechta). Unter seinen Patienten seien täglich 15 bis 20 Mitarbeiter der umliegenden Schlachthöfe, sagt er. Die meisten von ihnen seien Bulgaren, ein paar Rumänen. Manche erzählten ihm von elf oder zwölf Stunden langen Arbeitstagen. Diese Mehrarbeit werde nicht bezahlt, sodass der Mindestlohn in der Realität unterlaufen werde. "Das mag nicht die Regel sein, ist aber sicherlich keine Ausnahme." Vom Verbot der Werkverträge bemerke er in seiner Praxis wenig, so Kossen.

Raues Betriebsklima in Schlachthöfen

Ein bekannter Kritikpunkt zu Zeiten der alten Werkverträge waren die teils prekären Wohnverhältnisse der Arbeiter in Werksunterkünften. In Goldenstedt habe sich bei den Unterkünften vieles zum Positiven gewandelt, meint der Hausarzt. Höre er Patienten aus Nachbarorten zu, frage er sich allerdings, ob dort die Wohnungen nicht überbelegt seien. Zudem berichteten ihm Mitarbeitende immer wieder von einem harschen Ton in den Schlachthöfen. Sie würden angetrieben, Fließbänder einfach beschleunigt. Kossen ist sich sicher: "Von arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsbedingungen kann man auf keinen Fall reden."

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Arbeiter "werden ausgequetscht wie eine Zitrone"

Hier setzt die Kritik von Sebastian Zöppel an, Sekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Osnabrück. Die früheren Werkvertrags-Subunternehmer seien heute als Vorarbeiter in die Schlachthöfe eingegliedert. Sie würden ihre Untergebenen einschüchtern und damit drohen, ihnen das Wohnverhältnis zu kündigen. Denn die Wohnungen seien vielfach an die Arbeitsverträge gebunden. So erpressten die Unternehmen unbezahlte Überstunden. Die Gewerkschaft berät Arbeitnehmer bei Problemen. Im vergangenen Jahr habe sie 49 Verfahren in der Region Osnabrück geführt. Damit sei die Fleischindustrie im Vergleich mit anderen Branchen Spitzenreiter. Und das, obwohl den Mitarbeitenden teils eingebläut werde, nicht mit der Gewerkschaft zu sprechen.

Fleischbetriebe weisen Vorwürfe zurück

Der NDR hat mehrere der beschuldigten Schlachthöfe kontaktiert. Die Firma Westcrown mit Sitz in Dissen (Landkreis Osnabrück) weist die Vorwürfe zurück. Der Chef des früheren Werkvertragsunternehmens arbeite heute nicht bei Westcrown. Auch der raue Ton und unbezahlte Mehrarbeit seien Fehlinformationen. Die meisten Mitarbeiter würden in selbst gemieteten Wohnungen leben. Ähnlich stellt es die Steinemann Holding dar, gefragt nach ihrem Schlachthof in Georgsmarienhütte (Landkreis Osnabrück). Der Fleischkonzern Tönnies mit Standorten unter anderem in Badbergen (Landkreis Osnabrück) und Sögel (Landkreis Emsland) wollte keine Auskünfte geben.

Zoll: Vielzahl der Unternehmen halte sich an Regeln

Zuständig für die Kontrollen in den Schlachthöfen ist neben den Gewerbeaufsichtsämtern der Zoll. Der Erfahrung nach sei die Fleischwirtschaft "nicht auffälliger als andere Wirtschaftsbereiche", berichtet der Leiter des Hauptzollamts Osnabrück, Thomas Möller. Seine Beamten kontrollierten anlassbezogen. Die Zahl der Hinweise auf Verstöße sei in den vergangenen Jahren erheblich gesunken, sowohl von Seiten der Beschäftigten als auch anderer Behörden. Der NDR hat mehrmals versucht, mit Mitarbeitern der Branche zu sprechen. Erfolglos. Einer schrieb sinngemäß: Es gebe Probleme, aber er wolle seinem Arbeitgeber nicht schaden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 23.05.2023 | 08:00 Uhr

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