Viel mehr Besitzer betroffen: 253 Schottergärten müssen weichen

Stand: 11.03.2025 18:45 Uhr

Im Emsland müssen 253 Schottergärten umgestaltet werden. Das teilte eine Landkreissprecherin dem NDR Niedersachsen am Dienstag mit. Zuvor war bekannt, dass das Ordnungsamt 91 Gärten beanstandet hatte.

Ein Schottergarten vor einem Wohnhaus in Spelle. © Simone Biehl Foto: Simone Biehl
So sieht der Vorgarten von Simone Biehl aus Spelle aktuell aus. Sie muss ihn nun umgestalten.

Simone Biehl ist eine der Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, die der Landkreis jüngst aufgefordert hat, ihre Gärten umzugestalten. Als sie im vergangenen Jahr von der anonymen Anzeige erfuhr, dachte sie zunächst, sie sei nicht betroffen. "Für mich war klar, ich bin raus. Mein Garten ist viel zu grün. Ich war davon ausgegangen, dass die Betroffenen gepflasterte Flächen oder reine Schotterwüsten haben", sagte sie. Mitarbeitende des Ordnungsamtes hatten nach einem anonymen Hinweis die betreffenden Gärten in den Gemeinden Spelle, Lünne und Schapen angeschaut. Sie stellten zunächst fest, dass 91 von ihnen - darunter auch der Vorgarten von Simone Biehl - nicht den Vorgaben der niedersächsischen Bauordnung entsprechen. Diese sieht vor, dass Bereiche, die nicht überbaut sind, größtenteils Grünfläche sein müssen.

Landkreis erhöht Zahl um weitere 162 Gärten

Neben den anonym angezeigten Gärten hatte der Landkreis weitere Gärten in der Nähe angeschaut. Sie grenzen dem Landkreis zufolge an die angezeigten Grundstücke oder gehören dem Straßenzug an. Bei diesen Kontrollen entdeckten die Mitarbeitenden weitere 162 Schottergärten, teilte Landkreissprecherin Anja Rohde am Dienstag mit. Das Ordnungsamt stuft in den Emsland-Gemeinden demnach 253 Gärten als "zu bemängeln" ein. Die umliegenden Grundstücke mussten die Mitarbeiter dem Landkreis zufolge prüfen, denn dazu verpflichteten den Landkreis sogenannte Gleichbehandlungsgrundsätze, so Rohde.

Manche Hausbesitzer haben Gärten bereits umgebaut

Hausbesitzerin Biehl überlegt aktuell, wie sie ihren Vorgarten in Spelle umbauen will. Andere Hausbesitzer sind ihr voraus: Dem Landkreis Emsland zufolge sind einige Eigentümer der Aufforderung des Landkreises zum Rückbau bereits nachgekommen. Der Umbau der restlichen Gärten stehe noch an. Ist er beendet, werden die Gärten dem Landkreis Emsland zufolge noch einmal kontrolliert. Wie viele Schottergärten bereits umgebaut worden sind, ist nicht bekannt.

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Landkreis Wolfenbüttel kündigt Kontrollen an

Nicht nur der Landkreis Emsland kontrolliert Schottergärten. Kontrollen kündigte unterdessen auch der Landkreis Wolfenbüttel an. Im vergangenen Jahr hatten Stadt und Landkreis Hausbesitzer über die Vorgabe in der niedersächsischen Bauordnung informiert und dafür sensibilisiert, Grünflächen statt Schottergärten anzulegen. Vorausgegangen war ein Urteil des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts: Im Januar 2023 entschied das Gericht, dass Schottergärten gegen die niedersächsische Bauordnung verstoßen. Nun will der Landkreis eigenen Angaben zufolge bald kontrollieren, ob die Besitzer ihre Gärten entsprechend umgebaut haben. Sollten bei den anstehenden Kontrollen Schottergärten auffallen, will der Landkreis die Eigentümer auffordern, die Gärten zurückzubauen. Die Kontrollen sollen den Angaben zufolge im Landkreis stattfinden - die Stadt sei davon ausgenommen.

Kommunen entscheiden über mögliche Kontrollen

Die Stadt Lüneburg hatte bereits in der vergangenen Woche verstärkte Kontrollen angekündigt. Die Bauaufsicht werde auch auf Hinweise zu Schottergärten reagieren, sagte eine Sprecherin. Die Stadt Hannover hingegen teilte vergangene Woche mit, Kontrollen von Schottergärten einzustellen - der Personalbedarf sei zu hoch. Ob eine Kommune Kontrollen gegen Schottergärten einführt, entscheidet sie nach Angaben des niedersächsischen Bauministeriums selbst. "Es gibt keine einheitliche Regelung", sagte Sprecher Florian Mosig.

Diese Gründe sprechen gegen Schottergärten

Mosig hält es für wichtig, Eigentümern zunächst zu erklären, warum die niedersächsische Bauordnung Grünflächen statt Schottergärten vorsieht. Dafür sprächen mehrere Gründe, erklärt Mosig. "Grüne Gärten beherbergen viele Insekten und die braucht unsere Natur", erklärt er. Auch könnte Regenwasser in Grünflächen versickern - auf versiegelten Flächen wie einem Schottergarten sei dies kaum möglich. Weiter könnten Grünflächen dabei helfen, dass sich insbesondere Städte im Sommer weniger aufheizten. "Pflanzen kühlen die Städte ab, gerade in der Nacht. Steine heizen sich auf und halten die Umgebung warm", sagt Mosig. Als weiteren Punkt nennt der Sprecher das Argument, dass Pflanzen Staub filterten und so die Staubentwicklung verringern könnten.

Schottergärten "sind pflegeleicht"

Mosig zufolge entscheiden sich viele Eigentümer für Schottergärten, weil diese verhältnismäßig wenig Arbeit erforderten. "Eigentum verpflichtet, und ein Schottergarten ist sehr leicht zu pflegen." Auch Biehl hatte sich damals unter anderem aus diesem Grund für ihren Schottergarten entschieden. Sie habe eine Schwerbehinderung und könne kaum in die Knie gehen, um Gartenarbeit zu erledigen, sagt sie. "Es war einfach eine pflegeleichte Erscheinung", so Biehl.

Kommunen dürfen Bußgelder erheben

Die Hausbesitzerin rechnet mit Kosten in Höhe von rund 3.000 Euro, die ihr wegen des Schottergartens voraussichtlich entstehen. Als Kostenfaktoren nennt sie den Schotter-Kauf, den Abtransport sowie die nun anstehende Vorgarten-Bepflanzung. Denn kommen die Schottergärten-Besitzer den Aufforderungen trotz eines bauaufsichtlichen Verfahrens nicht nach, kann die Kommune den Rückbau anordnen und ein Bußgeld verhängen. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass es in den meisten Fällen nicht dazu kommen wird", sagte die Sprecherin des Landkreises Emsland dazu. Das Bauministerium empfiehlt den Kommunen, Bußgelder erst dann zu erheben, wenn Eigentümer sich trotz Sensibilisierung "völlig beratungsresistent" zeigten und sich weiter weigerten, ihren Garten umzubauen. Zu einer etwaigen Höhe des Bußgelds machen beide Sprecher keine Angabe. Ministeriums-Sprecher Mosig sagte allerdings: "Die Strafen sollten spürbar sein."

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