Nach Missbrauchsstudie: Bistum Osnabrück sucht Ombudsperson
Seit vor einem halben Jahr der Zwischenbericht zu sexualisierter Gewalt im Bistum Osnabrück erschienen ist, haben sich weitere Betroffene gemeldet. Das Bistum will eine unabhängige Ombudsstelle schaffen.
Selten stand der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode so unter Druck wie im September vergangenen Jahres, als die Universität Osnabrück ihren Zwischenbericht zu Fällen sexualisierter Gewalt im Bistum veröffentlichte. Die Forschenden warfen darin auch Bode Fehler vor. Zurücktreten wollte er nicht - auch um den Lern- und Aufarbeitungsprozess nicht zu verzögern, wie er sagte. Zudem kündigte er an, eine Ombudsstelle für Betroffene einzurichten. Ein halbes Jahr später ist dieser Job nun ausgeschrieben - als Teilzeitstelle.
Erfahrung im Umgang mit Missbrauchsopfern gefragt
Gesucht wird "eine gefestigte Persönlichkeit, die Erfahrungen in der Arbeit mit Betroffenen der sexualisierten Gewalt hat". Hätte die Suche nach dieser wichtigen Ansprechperson nicht schon früher beginnen können? Heinz-Wilhelm Brockmann, der Sprecher der Monitoring-Gruppe, die den Schutzprozess im Bistum Osnabrück steuert und kontrolliert, wirbt um Verständnis. Im Vorfeld seien viele Gespräche geführt worden - unter anderem mit dem Betroffenenrat. "Hier geht es nicht um einen Schnellschuss, sondern um eine Persönlichkeit, die wirklich in der Lage ist, diese kreative, intensive, umfassende und reichhaltige Hilfe anzubieten, die jeweils angemessen ist." Denn jeder Fall sei anders.
Finanzielle Hilfen für Betroffene sexualisierter Gewalt
Bischof Bode hatte auch finanzielle Hilfen angekündigt. Um Missbrauchsopfern Therapien zu ermöglichen oder auch einfach beim Lebensunterhalt zu unterstützen. An diesem neuen Fonds wird noch gearbeitet, teilte das Bistum schriftlich mit. Allerdings seien in Einzelfällen in den vergangenen Monaten bereits Therapiekosten von Betroffenen übernommen worden. Darüber hinaus habe das Bistum Osnabrück bis heute 673.000 Euro als Leistungen in Anerkennung des Leids gezahlt, allein 530.000 Euro davon seit August 2021. Das Geld aus dem geplanten Fond soll dann künftig von der neuen Ombudsperson verwaltet werden.
Nach Missbrauchsstudie: Mehr Unabhängigkeit bei Aufarbeitung versprochen
In der Uni-Studie kritisierten die Forschenden auch fehlerhaftes Handeln der Bistums-Abteilung „Recht und Revision“. Alle Aufgaben, die bislang von der Abteilung zum Thema sexualisierte Gewalt wahrgenommen wurden, bearbeitet ab April Sandra Körbs. Die Juristin ist die neue unabhängige Beauftragte für den diözesanen Schutzprozess. Weder der Bischof noch der Generalvikar sollen ihr gegenüber weisungsbefugt sein. Körbs soll eng mit der Monitoring-Gruppe um Heinz-Wilhelm Brockmann zusammenarbeiten. Neben dem früheren Staatssekretär sitzt darin auch der Präsident des Landgerichts Osnabrück, Thomas Veen. Zwei weitere externe Persönlichkeiten sollen diese Gruppe bald verstärken. Die Monitoring-Gruppe soll dann gewährleisten, dass Sandra Körbs in völliger Freiheit alles untersuchen kann, was sie für richtig hält, erklärt Brockmann: „Mehr Unabhängigkeit in der Verfolgung weiterer Fälle kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.“
Der Missbrauchsstudie folgten Hinweise auf weitere Taten
Weiter Klarheit schaffen wollen auch die Forschenden der Universität Osnabrück. Sie wühlen dafür Akten im Bistums-Archiv und sprechen mit Betroffenen. Denn seit September haben sich rund 30 Menschen bei ihnen gemeldet. "Es sind Meldungen von Menschen, die selber betroffen sind, von Personen, die zum Umfeld dieser Betroffenen gehören oder auch Menschen, die in den Gemeinden vor Ort gelebt haben und dort etwas mitbekommen haben“, sagt Projekt-Koordinator Jürgen Schmiesing. Aus den Gesprächen hätten sich Hinweise auf weitere Missbrauchsfälle ergeben. „Durch unseren Zwischenbericht ist bei den Menschen das Vertrauen gewachsen, dass ihnen geglaubt wird“, sagt Schmiesing.
Rechenschaftsbericht von Bischof Bode im Sommer erwartet
Das Forschungsprojekt der Universität Osnabrück läuft noch anderthalb Jahre. Bischof Franz-Josef Bode will seinen ersten Rechenschaftsbericht voraussichtlich im Juni vorstellen – vor dem Katholikenrat, einem gewählten Gremium aus Laien im Bistum Osnabrück.