Brennelementefabrik: Arbeitet Russland bald in Lingen mit?
In Lingen könnten bald Brennstäbe für osteuropäische AKWs hergestellt werden - in Kooperation mit Russland. Genehmigen muss es Umweltminister Meyer, der den russischen Einstieg ablehnt. Also alles ganz einfach?
Es geht dabei um ein Vorhaben des französischen Atomkonzerns Framatome. Dessen Tochter-Firma Advanced Nuclear Fuels (ANF) will den Betrieb der Brennelementefabrik in Lingen ausbauen. Künftig sollen dort Brennelemente für osteuropäische Atomkraftwerke gefertigt werden. Dafür würde die Lingener Fabrik mit der russischen Atombehörde Rosatom kooperieren müssen. Das niedersächsische Umweltministerium als Genehmigungsbehörde hatte am 4. Januar ein entsprechendes öffentliches Beteiligungsverfahren eröffnet. Zwei Monate können Verbände Einsprüche abgeben.
Bund und Land kritisieren mögliche Kooperation mit Russland
Doch wie stehen die Chancen für eine Genehmigung für die Zusammenarbeit mit der Atombehörde eines Staates, der gegen die Ukraine einen Angriffskrieg führt? Initiativen und Umweltschutzverbände üben daran massive Kritik. Beim Aktionsbündnis "Münsterland gegen Atomanlagen" etwa sind die Experten bereits dabei, ihre Einsprüche zu formulieren. Dabei sind sowohl die Bundesregierung als auch das Land Niedersachsen skeptisch bis ablehnend. "Dass Framatome die Zusammenarbeit mit dem russischen Staatskonzern Rosatom intensiviert, ist aus Sicht des Bundesumweltministeriums daher der völlig falsche Weg," sagte kürzlich ein Sprecher vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine.
Meyer: Geschäfte mit Putin sollten beendet werden
Niedersachsen setzt sich seit längerer Zeit für ein Ende der Zusammenarbeit mit Russland auch im Atombereich ein, wie ein Sprecher des niedersächsischen Umwelt- und Energieministeriums dem NDR Niedersachsen sagt. Minister Christian Meyer (Grüne) kritisiert zudem "die sanktionslosen, umfangreichen Transporte von russischem Uran zur Herstellung von Brennelementen" auch bei ANF in Lingen. Auch die geplante Kooperation mit Rosatom hält Meyer für falsch: "Geschäfte mit Putin sollten beendet werden, das gilt auch und gerade für den Atombereich. Dies durch Joint Ventures, direkte oder indirekte Beteiligungen Russlands zu verfestigen, halte ich politisch angesichts Putins brutalem Energiekrieg gegen Europa für fatal."
Rosatom untersteht Präsident Putin
Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis "Münsterland gegen Atomanlagen" geht davon aus, dass bei einer Genehmigung künftig russische Mitarbeiter in Lingen arbeiten werden, um die Produktion der Brennelemente vorzubereiten und zu steuern. Für Eickhoff eine "undenkbare Vorstellung" angesichts des Angriffs von Russland auf die Ukraine. Rosatom sei nicht einfach nur ein Konzern, er sei einem Ministerium gleichgestellt und direkt Präsident Putin unterstellt. Der Konzern soll auch bei der militärischen Besetzung des ukrainischen AKW Saporischschja beteiligt gewesen sein. Alexander Vent vom emsländischen Bündnis "Agiel" ist deshalb überzeugt, dass der geplante Einstieg Russlands in die Brennelemente-Produktion in Lingen ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko für Deutschland darstellt.
Antrag wird formal geprüft - und erst dann wird entschieden
Was heißt das nun für den Antrag von ANF, die Produktion in Lingen auszubauen, um mit Rosatom zu kooperieren? Das niedersächsische Umweltministerium führt dieses Verfahren als atomrechtliche Genehmigungsbehörde im Auftrag des Bundes. Christian Meyer als zuständiger Minister ist ein erklärter Gegner eines russischen Einstiegs - ist die Ablehnung des Antrags also absehbar? So einfach ist es nicht. Es gehe hierbei nicht um persönliche Meinungen, sagt der Ministeriumssprecher dem NDR. Der Antrag werde wie alle anderen auch auf vorgeschriebenem Wege geprüft. Er betont, dass auch bei politisch umstrittenen Themen natürlich nicht willkürlich entschieden werde.
Bis über den Antrag entschieden ist, wollen die Initiativen und Umweltverbände jedenfalls weiter Druck machen - unter anderem an diesem Samstag mit einer Demonstration in Lingen.