50 Jahre Gebietsreform: Für Aschendorf kein Grund zum Feiern
Während Städte wie Lingen (Landkreis Emsland) die Gebietsreform von 1974 in diesen Tagen feiern, ist in Aschendorf von Freude keine Spur. Die ehemalige Kreisstadt wollte nicht zu Papenburg gehören.
Vor der Gebietsreform gab es in Niedersachsen mehr als 4.000 selbstständige Gemeinden - davon hatten mehr als die Hälfte weniger als 500 Einwohner. Die kleinen Dörfer waren mit ihren Aufgaben überfordert: Für die Planung von Straßen, Schulen oder Baugebieten fehlte das Personal, wie der ehemalige Kreisarchivar im Landkreis Emsland, Heiner Schüpp, dem NDR Niedersachsen sagt. "Also war klar: Es musste eine Verdichtung her, es mussten Gemeinden zusammengelegt werden." Dörfer wurden zu Samtgemeinden zusammengeschlossen, Städte wie Lingen, Meppen und Papenburg gliederten Umlandgemeinden ein. Doch dagegen gab es Proteste - und am hartnäckigsten wehrte sich Aschendorf im Emsland.
Von der Kreisstadt zur Randgemeinde
Aschendorf war bis zur Gebietsreform selbstständige Kreisstadt des Altkreises Aschendorf-Hümmling. Mit der Neuordnung sollte die mehr als 1.200 Jahre alte Gemeinde fortan zur Stadt Papenburg gehören. Knapp zwei Jahrzehnte ging Aschendorf dagegen vor. Am Ende entschied 1992 das Bundesverwaltungsgericht, dass Aschendorf ein Teil Papenburgs wird. Der inzwischen 76-jährige Kommunalpolitiker Gerhard Harpel kritisiert das bis heute: "Wir waren im nördlichen Emsland immer der kirchliche und verwaltungsmäßige Mittelpunkt. Und plötzlich - von einem Tag auf den anderen - war hier nichts mehr, alles ging nach Papenburg. Wir sind von einer Kreisstadt zu einer Randgemeinde geworden."
Bürgermeisterin: "Wir feiern die Gebietsreform nicht"
Die heutige Ortsbürgermeisterin Marion Terhalle (FDP) bedauert, dass Aschendorf mit seinen mehr als 8.000 Einwohnern über keinen eigenen Haushalt verfügt. Der Ortsrat habe keine Befugnisse, dürfe nur bei Straßennamen entscheiden, so Terhalle. Es habe aber auch Vorteile, Mitglied der Stadt Papenburg zu sein. Der Marktplatz werde saniert und bei solchen Projekten sei eine größere politische Verwaltungseinheit von Vorteil. Trotzdem: Die Gebietsreform werde nicht gefeiert.
Historiker Schüpp: Gebietsreform war erfolgreich
Auch wenn manche Wunden bis heute nicht verheilt sind - die Gebietsreform im Emsland sei ein Erfolg gewesen, sagt Historiker Heiner Schüpp. "Das Emsland steht heute viel, viel besser da als Anfang der 1960er-Jahre." Das liege auch an der Mentalität der Emsländer, sagt Schüpp und fasst sie so zusammen: "Gut - ist nun mal so. Machen wir das Beste draus!"