Vier-Tage-Woche an Grundschule: Schulbehörde widerspricht Ministerium
Wegen des Lehrermangels wollte die Grundschule Wiefelstede (Landkreis Ammerland) für rund 300 Schülerinnen und Schüler einen Unterrichtstag streichen. Das Kultusministerium kippte die Entscheidung.
"Die Vier-Tage-Woche ist vom Tisch", teilte Ministeriumssprecher Sebastian Schumacher am Dienstag mit. Zwar sei die Personalsituation an der Grundschule Wiefelstede angespannt. Eine Überprüfung habe aber ergeben, "dass Spielräume bestehen, um durchgängige Schulpräsenz an allen Wochentagen für alle Schuljahrgänge zu sichern." Ab sofort sollen Schülerinnen und Schüler wieder regulär unterrichtet werden.
Vier-Tage-Woche war mit Landesschulbehörde abgesprochen
Das Kultusministerium warf der Schulleiterin zudem vor, die Entscheidung der Grundschule nicht mit dem zuständigen Regionalen Landesamt für Schule und Bildung Osnabrück und dem Kultusministerium abgestimmt zu haben. Daniel Siemen vom Schulelternrat widersprach. Er habe mit der Landesschulbehörde am Freitag telefoniert. Die habe ihm bestätigt, dass es vorerst keine Alternative zur Vier-Tage-Woche gebe. Schließlich könne man sich keine neuen Lehrer backen, habe man ihm gesagt. Inzwischen hat auch die Landesschulbehörde eingeräumt, mit der Grundschule über die Maßnahme gesprochen zu haben. Allerdings sollte diese nur kurzfristig greifen, sagte eine Sprecherin. Ein am vergangenen Freitag versandter Elternbrief war der Schulbehörde nach eigenen Angaben jedoch nicht bekannt.
Grundschule in Wiefelstede fehlen drei Lehrerinnen
In dem Brief hatte die Schulleiterin der Grundschule Wiefelstede den Eltern mitgeteilt, die Schule sehe sich nicht in der Lage, alle Klassen gleichermaßen zu unterrichten. Zwei Lehrerinnen seien schwanger und dürften nicht unterrichten, weil sie sich mit Corona anstecken könnten. Zudem falle eine weitere Kollegin langfristig aus. Bis es einen Ersatz für die Lehrerinnen gibt, sollte deswegen ab Dienstag ein Vertretungsplan in Kraft treten. Dieser sah laut Medienberichten vor, dass pro Tag einer der Jahrgänge 2 bis 4 zu Hause bleiben müsse. Für Kinder, die zu Hause nicht betreut werden könnten, sollte es ein entsprechendes Angebot geben.
Unterrichtsausfälle laut Ministerium "keine Dauerlösung"
Das Kultusministerium sieht in der Vier-Tage-Woche keine dauerhafte Lösung. "Das Streichen ganzer Unterrichtstage ist insbesondere an Grundschulen mit ihrer Verlässlichkeit grundsätzlich nicht vorgesehen", sagte Ministeriumssprecher Schumacher. Für Eltern und Kinder seien Kontinuität und Berechenbarkeit im Alltag sehr wichtig. Um täglichen Unterricht an der Grundschule zu gewährleisten, führt das Ministerium "Plan-B-Maßnahmen" ein. Unter anderem würden der Stundenplan umgestellt und Klassen zusammengelegt. Außerdem sollen pädagogische Fachkräfte und eine "Feuerwehrlehrkraft" unterstützen.
Lehrergewerkschaft spricht von "Katastrophe mit Ansage"
Wiefelstede sei nur der Anfang, warnt Torsten Neumann vom Verband niedersächsischer Lehrkräfte. Auf lange Sicht erwartet er, dass noch viel mehr Schulen den Unterricht nicht mehr abdecken können - gerade im ländlichen Raum. Davon geht auch die Lehrergewerkschaft GEW aus - sie spricht von einer "Katastrophe mit Ansage". Erst Anfang Februar war bekanntgeworden, dass die Unterrichtsversorgung an den Schulen in Niedersachsen auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Statistik gefallen ist. Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) verwies auf mehr Schüler sowie mehr Krankheitsausfälle und Teilzeitbeschäftigungen. Der Fall in Wiefelstede mache deutlich, wie wichtig das Thema Fachkräftemangel sei, teilte das Kultusministerium am Dienstag mit. Kurzfristig lasse es sich aber nicht lösen, "sodass Plan-B-Maßnahmen weiterhin nötig sein werden."