Seniorenausflug: Landgang für Wangerooger Ur-Gesteine
Auf Wangerooge organisiert ein Förderverein einmal im Jahr einen Ausflug für Seniorinnen und Senioren aufs Festland. Ein Highlight für die Teilnehmenden ebenso wie für die Organisatorin.
Von Wangerooge nach Wilhelmshaven. Luftlinie knapp 33 Kilometer. Für einige eine kleine Weltreise. "Wir sind so aufgeregt, weil das so weit weg ist", lacht eine Teilnehmerin. Und die Frau bringt sie runter von der Insel und wieder rauf: Renate Zerhusen. 33 Kilometer hin und 33 Kilometer zurück unter ihren Fittichen. Sie ist die gute Seele und die helfende Hand für die Alten auf der Insel. "Es heißt immer: Man muss nach vorne sehen. Aber man muss auch zurückgucken, zu den Älteren. Sie haben uns die Stützkraft mitgegeben", so Zerhusen.
Den Senioren das Leben versüßen
Als die ehemalige Sportlehrerin Renate Zerhusen mit ihrem Mann 2008 von Bad Münstereifel nach Wangerooge zog, krempelte sie nicht nur ihr Leben um, sondern Stücke für Stück auch die Seniorenarbeit auf der Insel. Sie ließ sich in den Seniorenbeirat wählen, gründete einen Förderverein, den Verein zur Förderung der Seniorenarbeit Wangerooge e.V., sammelte Spendengelder und organisierte Ausflüge. Zerhusen und ihr Mann arbeiten ehrenamtlich zusammen 150 Stunden im Monat für die Alten. "Ich empfinde Demut vor den Menschen, finde es wichtig füreinander da zu sein. Es ist mir eine Herzenssache, den Senioren ihr Leben zu versüßen", sagt Zerhusen. Und sie meint das genau so.
Jedes Jahr nehmen mehr Menschen teil
Höhepunkt des Jahres: der Tagesausflug aufs Festland. 68 Senioren sind dabei, jeden kennt sie persönlich. Umarmt. Küsst. Knuddelt. Hilft. Schiebt Rollatoren, reicht die Hand zum Einstieg in den Bus. Sie liebt, was sie tut: "Meine Mutter war auch so. Sie hat sich immer um Ältere gekümmert. Ich mache das mit Leib und Seele." Zu einigen ist sie vor dem Ausflug nach Hause gekommen, hat Mut zugesprochen: "Das wird ein toller Tag! Ich unterstütze Dich!" Zerhusen möchte nicht, dass die Menschen den Tag bloß "schaffen", sondern genießen. Klappt wohl, sonst gäbe es nicht jedes Jahr mehr Teilnehmende. Eine von ihnen, Annemarie von Papstein, lacht: "Ich verlasse Wangerooge höchstens zwei Mal im Jahr. Warum auch? Zu Hause ist es am schönsten. Was soll ich in der stickigen Stadt?" Aber den Ausflug lässt auch sie sich nicht entgehen. Ausnahmen müssen sein.
Nächstes Projekt: Eine Seniorenwerkstatt
Renate Zerhusen weiß: 'Die Insulaner sind genügsam. Sie sind gewohnt, dass Dinge anders laufen. Wie oft macht einem das Wetter einen Strich durch die Rechnung? Seenebel. Regen. Wind. Sogar beim Essen - schließlich weiß man nicht, ob der Insel-Supermarkt immer alles vorrätig hat." Zerhusen ist selbst 70, aber ihre Augen blitzen an diesem Tag wie bei einem jungen Mädchen - dieser Ausflug, die Freude der anderen darüber, ist auch für sie ein Geschenk. Nächstes Jahr geht's wieder los. Wohin, weiß sie noch nicht. Aber vorher wird eine Seniorenwerkstatt aufgebaut, jeder kann helfen. Mitmachen. Dabei sein. "Gemeinsam, statt einsam. Und das leben wir hier auch."