Rettungsdienst am Limit: Demo gegen 48-Stunden-Schichten
Mehr als 70 Rettungskräfte aus dem Landkreis Diepholz haben am Donnerstag in Kirchweyhe demonstriert. Im aktuellen Tarifkonflikt geht es um die Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 42 Stunden.
Die Kundgebung sei ohne Zwischenfälle nach mehreren Stunden am frühen Nachmittag auf dem Marktplatz von Kirchweyhe (Landkreis Diepholz) beendet worden, sagte Maik Karock von der Rettungswache Stuhr auf Nachfrage dem NDR Niedersachsen. Zentrale Forderung der Demonstrierenden war die schrittweise Absenkung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden. Aktuell beträgt die wöchentliche Arbeitszeit im Rettungsdienst 48 Stunden, teilweise würden die Schichten sogar bis zu 60 Stunden dauern, heißt es aus dem Teilnehmerkreis.
Bereitschaftsdienst wird nicht bezahlt
"Der Beruf ist aktuell nicht attraktiv durch die 48 Stunden", so Sandra Oostinga von der Rettungswache Stuhr (Landkreis Diepholz). Die Reduzierung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit hätte für sie daher Priorität, es gäbe aber noch weitere Punkte: "Von zwölf Stunden werden nur neun bezahlt", sagt Oostinga. Drei Stunden gelten demnach als Bereitschaft - auch dann, wenn in dieser Zeit gearbeitet wird. Anfang April wollen sich die Gewerkschaft ver.di und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) erneut treffen, um über die Reduzierung der Arbeitszeit zu verhandeln. Vergangene Woche hatten bereits Rettungskräfte in anderen Landkreisen demonstriert.
Deutsches Rotes Kreuz reduziert bereits Arbeitszeit
Laut ver.di ist der kommunale Rettungsdienst einer der letzten großen Arbeitgeber, bei dem die Arbeitszeit noch wöchentlich auf bis zu 48 Stunden ausgeweitet werden kann. Die meisten anderen Arbeitgeber hätten die Arbeitszeiten bereits deutlich verkürzt. Beim Deutschen Roten Kreuz werde im Rahmen eines Stufenplans seit 2017 die Höchstarbeitszeit reduziert. Aktuell liege sie bei 44 Wochenstunden, ab 2028 bei 42.
Tarifverhandlungen kommunaler Rettungsdienst
Anfang Februar hatten Rettungskräfte in Hannover demonstriert und kürzere Arbeitszeiten gefordert, am 2. Februar war die zweite Verhandlungsrunde des kommunalen Rettungsdienstes allerdings ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Die Gewerkschaft ver.di hatte dabei vorgeschlagen, die wöchentliche Höchstarbeitszeit wie folgt zu reduzieren:
- zum 1. Juni 2024 auf 44 Stunden
- zum 1. Juni 2025 auf 43 Stunden
- zum 1. Juni 2026 auf 42 Stunden.
"Belastung für Rettungskräfte ist gesundheitsgefährdend"
Die Belastung für die Rettungskräfte sei mittlerweile auf ein Maß gestiegen, das gesundheitsgefährdend sei, sagte Annette Klausing von ver.di dem NDR Niedersachsen. Die Zahl der Einsätze habe sich in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter erhöht, wodurch der Anteil der reinen Arbeitszeit entsprechend gestiegen und der Anteil der Bereitschaft auf der Wache gesunken sei. Schichtdienst sei sowieso schon belastend, die überlangen Schichten stellten eine zusätzliche Belastung dar. "Und gerade diese Beschäftigtengruppe muss um 8 Uhr ebenso fit und wach sein wie um 4 Uhr in der Nacht, wenn es darum geht, Notfälle zu versorgen."
Den Arbeitgebern sind 24-Stunden-Dienste wichtig
Es sei fraglich, ob mit reduzierter Arbeitszeit noch alle Aufgaben der Rettungsdienste im erforderlichen Umfang erbracht werden können, sagte eine Sprecherin der kommunalen Arbeitgeber dem NDR in Niedersachsen. Wichtig sei zudem, 24-Stunden-Dienste zu vereinbaren. "Diese 24-Stunden-Dienste werden insbesondere von Beschäftigten selbst gefordert und die Arbeitgeber haben sich diese Forderung zu eigen gemacht", sagte die Sprecherin. Ob das mit der Forderung nach einer 42-Stunden-Woche kollidiert, dazu könne sie noch nichts sagen. Jedenfalls wollten die kommunalen Arbeitgeber mit der Gewerkschaft an praktikablen Lösungen arbeiten.