Aus für Weideprojekt: NABU klagt gegen Landkreis Leer
Der Landkreis Leer fordert vom Naturschutzbund Deutschland (NABU), das Wildtierprojekt im Thedingaer Vorwerk bis zum 30. September zu beenden. Der NABU klagt gegen das Vorgehen der Kommune.
Der NABU betreibt in Ostfriesland vier Ganzjahresweiden mit Heckrindern und Koniks, die zur Familie der Ponys gehören. Um das Projekt im Thedingaer Vorwerk nördlich von Leer, das seit zwei Jahrzehnten existiert, gibt es Streit mit dem Landkreis. Die Kommune sieht den Tierschutz nicht mehr gewährleistet und fordert von den Naturschützern, das Projekt bis zum 30. September zu beenden. Sollte der NABU die Heckrinder und Koniks bis zu diesem Zeitpunkt nicht von der Weide geholt haben, drohen Zwangsgelder von bis zu 50.000 Euro. "Das ist ziemlich absurd", sagte NABU-Landeschef Holger Buschmann.
Fehlende Ohrmarken, fehlende Blutproben
Der Landkreis wirft dem NABU vor, sich nicht an die Vorschriften gehalten zu haben. Heckrindern fehlten demnach die vorgeschriebenen Ohrmarken, einige Tiere seien schlecht ernährt. Bei 50 Rindern und 20 Ponys habe es der NABU versäumt, vorgeschriebene Bluttests durchführen zu lassen. Seit Mai hätten zudem drei Heckrinder und zwei Ponys eingeschläfert werden müssen. Die Tiere seien zudem so stark verwildert, dass eine Annäherung für Menschen nicht ohne Gefahr möglich sei, heißt es.
NABU gibt Fehler zu
Der Naturschutzbund wehrt sich gegen die Maßnahme - gibt aber auch Fehler zu. Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch sagte Landeschef Buschmann, der NABU habe im April von den fehlenden Blutproben erfahren. Daraufhin habe man das Veterinäramt informiert und um Fristverlängerung gebeten. "Diese wurde aber abgelehnt und Ende April kam stattdessen die Anordnung des Veterinäramtes, dass die Blutuntersuchung bis zum 17. Mai durchgeführt werden müsse", sagte Buschmann. Buschmann gab auch zu, dass es in einem Fall ein Missverständnis gegeben habe und deshalb das Veterinäramt zu spät informiert worden sei.
Buschmann weist Vorwürfe der Unterversorgung zurück
Die Vorwürfe, dass die Tiere unterversorgt seien, wies Buschmann zurück. Er habe Tiere und Weidefläche besichtigt, nachdem Anschuldigungen laut geworden waren. "Die Pferde und Rinder waren in einem guten Zustand, auch die Kälber sahen gut aus. Es war keine Unterversorgung zu erkennen", heißt es in einer Mitteilung des NABU. Drei Jungtiere seien verletzt beziehungsweise krank gewesen. Zwei hätten eingeschläfert werden müssen, das andere habe sich erholt. Buschmann sagte aber auch, dass die Anzahl der Tiere deutlich von dem abweiche, was einst vereinbart worden sei.
NABU kündigt Klagen gegen Landkreis Leer an
Inzwischen kommunizieren der Landkreis und der NABU-Landeschef nur noch über Anwälte. Der NABU kritisierte sich widersprechende Auflagen durch einzelne Ämter des Landkreises. Anordnungen seien aufgrund des Tierschutzes nicht durchführbar, das Projekt Weidetierhaltung unter den aktuellen Umständen nicht aufrecht zu erhalten, sagte Buschmann. "Ein solches Verhalten halte ich für höchst fragwürdig", so Buschmann. Es gebe bereits drei Klagen gegen den Landkreis, zwei weitere dürften dazukommen.
Kann die Weidetierhaltung des NABU kurzfristig beendet werden?
Aus Sicht des NABU kann ein Wildtierprojekt nicht so schnell beendet werden, wie vom Landkreis gefordert. "Das ist eine unmögliche Frist, ein Massaker an trächtigen Kühen", sagte Buschmann. Zwei bis drei Jahre würde es dauern, das Projekt tierschutzgerecht aufzulösen. Die wilden Tiere ließen sich nicht einfach einfangen und abtransportieren. "Wir gehen den Klageweg", sagte Buschmann. Der NABU hat zwar noch die Möglichkeit, im Anhörungsverfahren etwas zu sagen. Buschmann geht aber davon aus, dass das Aus längst entschieden ist.
CDU-Abgeordneter fordert Rücktritt von Buschmann
Am Donnerstag äußerte sich der CDU-Landtagsabgeordnete Ulf Thiele aus dem Wahlkreis Leer. Thiele, stellvertretender Fraktionsvorsitzender, spricht von einem "Tierhaltungsskandal" und fordert in einem Schreiben: "Herr Buschmann muss nach diesem Skandal und seiner Uneinsichtigkeit die Konsequenzen ziehen und zurücktreten. Zu einem Eingeständnis der eigenen Überforderung und der gravierenden Fehler des NABU, die zu diesem Desaster geführt haben, ist er nicht in der Lage. Stattdessen droht Herr Buschmann dem Landkreis mit Klagen."