Altersarmut in Niedersachsen: Zahlen erreichen traurigen Rekord
Insgesamt 1,34 Millionen Menschen in Niedersachsen waren 2023 bedroht von relativer Einkommensarmut. Damit ging die Quote insgesamt etwas zurück. Mit Blick auf ältere Menschen sieht das aber anders aus.
Seit den Erhebungen der Quoten im Jahr 2005 waren noch nie so viele Ältere in Niedersachsen armutsgefährdet. Das geht aus den Zahlen des Sozialministeriums in Hannover für 2024 hervor. Konkret werden diese statistischen Daten zum Beispiel bei Marianne Maibaum aus Friesoythe im Landkreis Cloppenburg. Auch sie ist nun wieder auf Grundsicherung im Alter angewiesen. Die gelernte Schneiderin musste bisher von rund 1.000 € Rente leben. Ihre Miete liegt bei 470 Euro: "Da ist schon mal fast die Hälfte weg." Nach Abzug aller Fixkosten und Daueraufträge bleibe ihr nichts mehr übrig. Jetzt hat sie wieder Grundsicherung beantragt, da sie sonst nicht über die Runden kommt. Damit ist sie in Niedersachsen nicht allein.
Grundsicherung oder Wohngeld
Wenn die Rente im Alter nicht ausreicht, haben Betroffene laut der deutschen Rentenversicherung verschiedene Möglichkeiten: Als Faustformel gilt: Wer weniger als rund 1.000 € Netto-Rente bekommt und wenig Vermögen besitzt, hat möglicherweise Anspruch auf Grundsicherung. Wichtig dabei ist das Datum der Antragsstellung beim örtlichen Sozialamt. Rückwirkend kann keine Leistung gezahlt werden. Wenn das Einkommen dafür zu hoch ist, bleibt aber gegebenenfalls noch ein Anspruch auf Wohngeld. Laut dem Deutschen Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung nehmen aber etwa 60 Prozent derjenigen, die möglicherweise einen Anspruch haben, die Leistungen gar nicht in Anspruch. Oft sei die gesellschaftliche Scham der Betroffenen zu groß, so das Institut.
Weiterhin vor allem Frauen betroffen
Nach aktuellen Zahlen des Sozialverbandes VdK Niedersachsen-Bremen war 2023 mehr als jede fünfte Frau im Seniorenalter von Armut bedroht. Bei den Männern sind es "nur" rund 15 Prozent. Frauen bekommen niedrigere Renten, weil es nach wie vor große Verdienstunterschiede zwischen den Geschlechtern gibt, weil sie mehr unbezahlte Sorgearbeit leisten und dafür Arbeitszeiten reduzieren oder ganz aufgeben. Dadurch haben sie oft ein geringeres Einkommen als Männer und später auch weniger Rentenanspruch, so der Sozialverband.
Wurzel des Problems: Gender Pay Gap
Als Lösungen sieht Gunda Menkens, Landesfrauenbeauftragte des VdK, vor allem eine bessere Aufteilung der unbezahlten Sorge- und Erziehungszeiten zwischen den Geschlechtern. Zudem brauche es ausreichende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und pflegebedürftige Angehörige, damit Frauen arbeiten gehen können und zwar in Jobs, die ihre Existenz sicherten und nicht nur in armutsgefährdenden Minijobs. Vor allem aber sei das sogenannte "Gender Pay Gap" ein Problem, also der Verdienstabstand pro Stunde zwischen Männern und Frauen, sagt Menkens weiter. "Das Problem muss an der Wurzel bekämpft werden, denn geringe Erwerbszeiten mit niedrigen Löhnen führen für Frauen unweigerlich in die Altersarmut".
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