Voll mit Kampfstoffen seit 1945: Dethlinger Teich wird gereinigt
Im Heidekreis liegen seit 1945 Kampfstoffe aus zwei Weltkriegen. Ab August soll der Dethlinger Teich bei Munster geräumt werden: Kampfmittel-Spezialisten beginnen mit der Bergung.
"Was wir hier vorhaben, ist wirklich eine Herausforderung", sagt Carsten Bubke. Der Umwelttechniker arbeitet für den Heidekreis im Bereich Wasser, Boden und Abfall. Aber vor allem ist er Koordinator eines der gefährlichsten Bergungsprojekte der bundesdeutschen Geschichte. Im Dethlinger Teich in der Nähe der Stadt Munster wurden nach 1945 Unmengen gefährlicher Kampfstoffe und Weltkriegsmunition abgekippt. Vermutet wird, dass die britische Royal Army dort vor allem alte Wehrmachtbestände versenkte. Am Freitag schaute Umweltminister Christian Meyer (Grüne) am Dethlinger Teich vorbei. Meyer betonte, dass Sicherheit und Gründlichkeit vor Schnelligkeit gingen. Dafür sei die Bergung zu riskant. Es war der letzte öffentliche Termin, bevor unter großen Sicherheitsvorkehrungen die Bergung beginnt. Die Menschen vor Ort hätten lange darauf gewartet, sagte Landrat Jens Grote (parteilos).
Altlasten im Dethlinger Teich rotten seit Jahrzehnten vor sich hin
Es ist ein heikles Unterfangen für Carsten Bubke und sein Team. Unterstützt werden sie von der Gesellschaft zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungs-Altlasten (GEKA), einer bundeseigenen Gesellschaft, die zum Bundesverteidigungsministerium gehört und seit 1997 in Munster sitzt. Überreste wie Granaten, Senfgasfässer und alte Zündladungen rotten im Dethlinger Teich seit Jahrzehnten vor sich hin.
"Kampfstoff-Klo" - Sorge um das Grundwasser
1952 wurde der Dethlinger Teich mit altem Bauschutt zugeschüttet und mit einer Deckschicht versehen. Das Gelände ist seitdem für die Öffentlichkeit gesperrt. Kameras überwachen, dass niemand das Gelände unerlaubt betritt; rund um den Teich ist Sperrzone. Ein "Kampfstoff-Klo", klagen Bürgerinitiativen. Auch für die örtliche Politik ist der Dethlinger Teich immer wieder Zankapfel und sorgt für Gesprächsstoff mit Anwohnenden, die sich um ihre Sicherheit sorgen und auch vor der Verunreinigung des Grundwassers warnen. In den 1990er-Jahren wurde regelmäßig Arsen im Grundwasser nachgewiesen.
Schutzvorrichtungen sind bereits aufgebaut
Seit Jahrzehnten kämpfen die Bürgerinitiativen und Anwohnenden in Munster daher dafür, dass die gefährlichen Altlasten wie Munitionsreste und Giftgas fachgerecht entsorgt werden. Nun also steht die langersehnte Bergung kurz bevor. Im Januar wurde bereits ein 600 Quadratmeter großes Zelt aufgestellt - ein Stahlgerippe mit Traglufthülle. Das Zeltdach soll verhindern, dass Gase austreten und in die Umgebungsluft gelangen. Mittlerweile wurden auf dem Gelände mehrere Zelte und Schleusengänge aufgestellt, die zusammen eine Grundfläche von rund 10.000 Quadratmetern haben. Drumherum stehen Splitterschutzvorrichtungen und Erdwälle, um mögliche Detonationen zu dämpfen. Bis zu 30.000 Granaten und andere Weltkriegsüberbleibsel sollen aus dem Dethlinger Teich geholt werden. Experten wie Carsten Bubke sprechen sogar davon, dass dies die bundesweit größte Munitionshalde sei.
Kampfmittelräumer trainieren für gefährlichen Einsatz
Noch trainieren die Kampfmittelspezialisten gut sechs Wochen ihren Einsatz in Ganzkörper-Schutzanzügen und Atemschutz. Diese Arbeit ist gefährlich und belastend - nur wenige Stunden am Stück können die Experten im Einsatz sein, bevor sie abgelöst werden müssen. Aus Sicherheitsgründen dürfen nur zwei Arbeiter gleichzeitig in der großen Traghalle sein. Das gesamte Projekt dauert lange, besonders wegen der Sicherheitsauflagen. Voraussichtlich fünf Jahre soll es dauern, den Dethlinger Teich zu reinigen, der einst nur rund 60 Meter lang und bis zu zwölf Meter tief war. Das aufwendige Verfahren hat seinen Preis: Die Kosten der Gesamtbergung werden derzeit auf mehr als 60 Millionen Euro geschätzt.
B71 wird für Transporte immer wieder gesperrt
Wenn im August die Bergung der Altlasten beginnt, wird es dem Heidekreis zufolge tagsüber immer wieder zu Sperrungen der Bundesstraße 71 kommen. Diese seien vorgesehen, wenn das Material abtransportiert wird.