Arbeitswelt im Wandel: Videospiele und Rutsche im Büro
Ein Lüneburger Digital-Unternehmen hat ein neues Büro-Gebäude gebaut - mit neuem Konzept. Neben Freizeitangeboten gibt es flexible Arbeitsplätze für die Mitarbeitenden.
Auf der Arbeit Videospiele spielen, Trampolin springen, aus dem zweiten Stock ins Erdgeschoss rutschen. Die Lüneburger Digitalagentur webnetz hat ein neues Bürokonzept umgesetzt. „Wir haben festgestellt, dass wir uns im Wettbewerb um neue Mitarbeitende besser aufstellen müssen“, sagt der Geschäftsführer Patrick Pietruck. Nach einem langen Meeting auf dem Basketballplatz den Kopf frei bekommen, am Billardtisch durchschnaufen – das Angebot kommt bei den Mitarbeitenden gut an. „Einfach mal die gewohnte Arbeitsumgebung verlassen, wo man sonst den Rest des Tages verbracht hat“, sagt Mitarbeiter Jannis Reske.
Mitarbeitende schätzen Flexibilität
Die rund 180 Mitarbeitenden der Agentur arbeiten hybrid – mal im Homeoffice, mal im Büro. Eine Anwesenheitspflicht gibt es nicht. „Wir wollen, dass die Leute gern ins Büro kommen. Wir wollen einen Mehrwert schaffen im Vergleich zur Arbeit zuhause“, so Pietruck. Im Büro gibt es unterschiedliche Arbeitsplätze: Großraumbüros, Viererbüros, Einzelbüros. Die Mitarbeitenden wählen jeden Tag einen Arbeitsplatz, der zu ihrer Aufgabe passt. „Die Flexibilität finde ich gut, weil man so einen Tapetenwechsel innerhalb der Agentur bekommt. Man nimmt immer neue Blickwinkel ein, sitzt mit anderen Konstellationen zusammen“, findet Jannis Reske.
Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen
Work-Life-Blending heißt das neue Arbeitskonzept. Bedeutet: Arbeit und Freizeit vermischen sich. Sabine Remdisch, Wirtschaftspsychologin an der Leuphana Universität Lüneburg, spricht von einer Entgrenzung der Arbeit. „Der große Vorteil für die Mitarbeitenden ist Flexibilität. Das spiegelt sich in der Mitarbeiterzufriedenheit wider. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass man mit dieser Entgrenzung der Arbeit nicht richtig umgeht, sich selbst überfordert oder auch überfordert und überlastet wird.“ Die klare Trennung von Arbeitszeit und Freizeit geht verloren. Beschäftigte machen häufiger Überstunden.
So funktioniert Work-Life-Blending:
- verbindliche Kommunikation im Unternehmen
- Regeln zur Erreichbarkeit der Mitarbeitenden
- Transparenz im Hinblick auf Arbeitszeit und Arbeitsort
- Vertrauen zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften
- Teambuilding-Maßnahmen fördern
Mehr Arbeit für Führungskräfte
Für Führungskräfte bedeutet ein Work-Life-Blending-Konzept mehr Arbeit, erklärt die Wirtschaftspsychologin. „Die Führungskraft muss Regeln aufstellen: Wer ist wann und wie erreichbar? Sie muss für Transparenz sorgen. Und: Sie muss mehr kommunizieren.“ Wichtig sei es, individuell auf die Mitarbeitenden einzugehen. Wie gut können sie ihren Arbeitstag strukturieren? Welche Hilfestellung benötigen sie dabei? Ohne Vertrauen auf beiden Seiten funktioniert hybrides Arbeiten, funktioniert Work-Life-Blending nicht, sagt Sabine Remdisch.