Anglerverband: Fischsterben 2023 war Folge von Starkregen
Tausende Fische sind im Sommer 2023 an Sauerstoffmangel gestorben. Der Anglerverband Niedersachsen übt Kritik: Keine Behörde habe sich zuständig gefühlt. Der Verband hat nun auf eigene Kosten einen Bericht erstellt.
Ralf Behrens füllt seinen Eimer mit Wasser aus der Bade bei Zeven (Landkreis Rotenburg) und misst: 8,6 Milligramm Sauerstoff pro Liter. Vor acht Monaten sahen die Ergebnisse hier noch ganz anders aus. Teilweise habe das Wasser gar keinen Sauerstoff mehr gehabt, berichtet der Gewässerwart des Angelsportvereins Badenstedt-Bademühlen. "Sämtliche Fischarten, die wir hier etabliert hatten - wir hatten hier 16 Fischarten - sind alle gestorben", erzählt der Vorsitzende Hans-Peter Wennholz. "Die ganzen Fischnährtiere, die wir hier hatten, sind tot - der ganze Fluss ist eigentlich tot."
Fischsterben: Zahlreiche Flüsse waren betroffen
Mehrere Angelvereine meldeten im Sommer 2023 verunreinigte Gewässer und tote Fische in den Landkreisen Rotenburg, Cuxhaven, Osterholz, Stade und Harburg. Zusammen mit dem Anglerverband Niedersachsen (AVN) suchten die Anglerinnen und Angler nach der Ursache. Und fanden Weideflächen, die nach Starkregen im Juni und Juli teils lange unter Wasser standen. Beschleunigt durch die Wärme zersetzten sich dort die Pflanzen - ein Prozess, der dem Wasser sehr viel Sauerstoff entzieht, erklärt Florian Möllers vom AVN: "Wenn dieser Gift-Cocktail dann ins Gewässer gelangt, dann wird auch da der Sauerstoff dem Gewässer quasi komplett entzogen."
In der Bade starben mehr als 90 Prozent der Fische
So beschreibt es der AVN auch in seinem Bericht zum Fischsterben 2023. Darin wertet der Verband detailliert alle erhobenen Daten und Beobachtungen aus. Im Herbst wurde außerdem untersucht, wie viele Fische noch in den betroffenen Bereichen leben. Je nach Gewässer fiel das unterschiedlich aus - in der am stärksten betroffenen Bade sind über 90 Prozent der Fische gestorben. Allein an der Hamme wurde eine Tonne toter Fisch gefunden. Wie viele Fischnährtiere wie zum Beispiel kleine Krebse verendet sind, sei nicht überschaubar.
Fehlende Zuständigkeit für Fischsterben
"Was uns enttäuscht hat, war, dass auf Landesebene die Behörden wie der NLWKN oder auch das Dezernat für Binnenfischerei sich überhaupt nicht zuständig fühlten, geschweige denn die Ministerien - weder das Ministerium für Umwelt noch das Ministerium für Landwirtschaft", sagt Florian Möllers. Alle waren seiner Ansicht nach betroffen und hätten reagieren müssen. Er hätte sich gewünscht, dass Daten gemeinsam dokumentiert und Schäden kompensiert worden wären. "Das ist bis heute nicht passiert und das enttäuscht uns maßlos", so Möllers. Es brauche unter anderem klare Meldeketten, Alarmpläne mit Vereinen und Behörden.
Gespräche zwischen Anglern und Landesämtern geplant
Mit den betroffenen Landkreisen seien dazu bereits runde Tische geplant, berichtet Möllers. Auf Landesebene seien diese grundsätzlich zugesagt. Der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) erklärte auf Anfrage des NDR Niedersachsen, das Amt könne nicht von sich aus tätig werden: "Anlassbezogene Beprobungen können seitens des NLWKN (...) durchgeführt werden, sofern seitens der zuständigen Unteren Wasserbehörden darum ersucht wird. Dies war bei den Fischsterben ab Mitte August 2023 allerdings mit einer Ausnahme nicht der Fall." Trotzdem habe man vor Ort geholfen und beispielsweise verendete Fische entsorgt.
Klimawandel erhöht Risiko
Die Bade, die Oste und andere Flüsse könnten in Zukunft häufiger von giftigen Starkregen-Folgen betroffen sein: Der AVN zitiert im Bericht die Prognose der Klimawirkungsstudie Niedersachsen zu Starkregenereignissen. Gerade in der Region des Fischsterbens könnten die demnach stark zunehmen. Damit steige auch das Risiko für Katastrophen wie im Sommer 2023. Das sieht der NLWKN ähnlich. Ohne ein Umdenken bei der Bewirtschaftung von Flächen neben Gewässern könnten solche Ereignisse nicht verhindert werden.