Wohngeld: Behörden wegen steigender Zahl der Anträge unter Druck
Bis Ende März sind zwei- bis dreimal so viele Wohngeldanträge bei den Behörden eingegangen wie im ersten Quartal 2022. Durch die Reform zum Jahreswechsel haben mehr Menschen Anspruch auf die Hilfe.
Mehr Berechtigte bedeuten allerdings auch mehr Arbeit für die Behörden - zum Beispiel in Hannover. Deshalb wurde die Wohngeldbehörde der Stadt aufgestockt: 35 zusätzliche Stellen wurden bewilligt, fast alle sind schon besetzt. Insgesamt arbeiten dann 80 bis 85 Beschäftigte am Wohngeld, sagt Bereichsleiter Friedhelm Hagen. In den ersten drei Monaten sind in der Landeshauptstadt rund 2.050 Anträge eingegangen, das sind mehr als doppelt so viele wie im ersten Quartal 2022. Die Bearbeitungszeit sei dagegen gleich geblieben: Nach zweieinhalb bis drei Monaten gebe es im Schnitt den Bescheid, so Hagen. Das liege aber vor allem daran, dass Neuanträge und Weiterbewilligungsanträge priorisiert bearbeitet werden - andere Aufgaben blieben liegen: "Die Leute warten auf ihr Geld, und wir wollen diese Anträge möglichst schnell bearbeiten, damit die Leute möglichst schnell einen Bescheid in den Händen haben." Die neuen Kolleginnen und Kollegen werden wohl erst im Laufe der Zeit eine Entlastung sein, erwartet Sachbearbeiterin Cathrin Fenske. Die Materie sei komplex, die Einarbeitungszeit dauere etwa ein halbes Jahr.
Anträge viel zu kompliziert - bei steigendem Bedarf
Beim Sozialverband SoVD Niedersachsen findet man mehrmonatiges Warten zu lang. Außerdem sei es von Kommune zu Kommune sehr unterschiedlich, wie lange die Antragssteller warten müssen. Nicht alle seien gut vorbereitet gewesen. Der Verband selbst berät seine Kundinnen und Kunden in Sachen Wohngeld - und hilft beim Ausfüllen der Anträge. Die seien viel zu kompliziert, kritisiert SoVD-Sprecherin Stefanie Jäkel: "Man muss Vermögensnachweise erbringen, man muss wirklich viele, viele Seiten ausfüllen. Das ist für jemanden, der da Durchblick hat nicht weiter schwierig, aber viele sind damit einfach hoffnungslos überfordert." In diesem Jahr habe sich die Zahl der Anträge, bei denen der SoVD in Niedersachsen mitgeholfen hat, bereits verfünffacht. Immer mehr Menschen gerieten wegen der Inflation in finanzielle Schwierigkeiten, auch wenn sie ihr Leben bisher stemmen konnten.
Mehr Rentnerinnen und Rentner wohngeldberechtigt
Cathrin Fenske, Sachbearbeiterin in der Wohngeldstelle der Stadt Hannover, rät dazu, keine Scheu vor den Anträgen zu haben. Sie müssten eben auf Millionen von Menschen passen. Wirklich etwas falsch machen könne man nur, wenn man tatsächliche falsche Angaben mache. Sie hat seit Jahresbeginn beobachtet, "dass es sehr viele Rentner sind, die gottseidank wieder in den Genuss von Wohngeld kommen." Diese seien in den zurückliegenden Jahren oft nicht antragsberechtig gewesen. Auch aus dem mittleren Einkommensbereich kämen vermehrt Anträge. Von zwei- bis dreimal so vielen Anträgen hätten die Kommunen in Niedersachsen dem Wirtschaftsministerium berichtet. Für Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) zeige dies, dass es richtig von der Bundesregierung war, den Kreis der Berechtigten zu erweitern. Es sei allerdings auch ein Beleg für die dramatische Situation durch steigende Mieten.
Höhe des Wohngelds steigt
Nach Berechnungen des Wirtschaftsministeriums dürften ab diesem Jahr rund 200.000 Haushalte in Niedersachsen Anspruch auf Wohngeld haben. Wie viele davon auch Anträge stellen und wie viele Haushalte landesweit dann tatsächlich Wohngeld erhalten, das werde sich erst später zeigen. Das Landesamt für Statistik veröffentlicht im Sommer zunächst die Zahlen aus dem vergangenen Jahr. Was sich bei der Stadt Hannover aktuell bereits abzeichnet: Auch die Höhe des Wohngeldes steigt. Waren es im vergangenen Jahr im Durchschnitt 300 Euro monatlich pro Haushalt, seien es jetzt 450 Euro.