Weiter Streit um Waffe für den Bürgermeister von Harsum
Der Bürgermeister der Gemeinde Harsum, Marcel Litfin, fühlt sich bedroht, will einen Waffenschein. Polizei und Justiz verweigern ihm diesen. Geht der Streit weiter? Und: Ist die Bedrohung real?
Die Polizei Hildesheim und das Verwaltungsgerichts sind zu dem Ergebnis gekommen, "dass für den Kläger keine besondere Gefährdungssituation vorliege". Marcel Litfin (parteilos) sieht das ganz anders, fühlt sich von verschiedenen Personen konkret bedroht. Ihn habe die Analyse nicht überzeugt, hier würden "realitätsferne Gründe" angegeben, sagte der Bürgermeister von Harsum (Landkreis Hildesheim) dem NDR in Niedersachsen. Als Beispiel für eine von ihm wahrgenommene Bedrohung nannte er unter anderem einen "Reichsbürger", bei dem verschiedene Waffen gefunden worden seien. Die Polizei sieht laut Litfin aber keine Gefährdung: Schließlich befinde sich die Person zurzeit in Haft. Das Gericht schloss sich deshalb der Polizei an: Keine Gefährdung. Litfin beruhigt das nicht. Vor allem deshalb nicht, weil seinen Angaben zufolge die 18-monatige Haftstrafe des Mannes im Juni endet.
Bedroht vom Mann, der den Gullydeckel auf die A7 geworfen haben soll?
Auch von einem weiteren Mann fühlt sich Litfin bedroht. Der Mann wird verdächtigt, im August vergangenen Jahres einen Gullydeckel von einer Brücke auf die A7 geworfen und dabei zwei Menschen schwer verletzt zu haben. Ein Haftbefehl gegen den Mann wurde zwar aufgehoben, weil kein dringender Tatverdacht mehr besteht. Gleichwohl: Der Mann ist bei der Polizei seit langem wegen zahlreicher Vorkommnisse bekannt, soll im März 2022 sogar dem Justizzentrum mit einem Bombenanschlag gedroht haben. Der Bürgermeister und weitere Mitarbeitende im Rathaus erhalten von ihm laut Litfin auch persönlich Drohungen: "Der schreibt mir pro Nacht schon mal 20 Briefe", so Litfin. Nach seinen Angaben käme die Gefährdungsanalyse aber zu dem Ergebnis, dass das Maß verbaler Bedrohung nicht überschritten sei. Litfin kann das nicht nachvollziehen, auch weil die Polizei in der Vergangenheit schon anders reagiert hat: So sei das Rathaus für die Zeit der angekündigten Bombendrohung unter Polizeischutz gestellt worden.
Polizei gibt Gefährdungsanalyse nicht heraus
Die Polizei Hildesheim will keine weiteren Details zur Gefährdungsanalyse mitteilen, teilte auf Anfrage lediglich schriftlich mit: "Die polizeiliche Gefährdungsanalyse wie auch daraus resultierende polizeiliche Schutzmaßnahmen werden auf Grundlage einschlägiger Vorschriften erstellt und im weiteren Verlauf umgesetzt. Eine öffentlichkeitswirksame Kommunikation der Ergebnisse findet aus einsatztaktischen Gründen und aufgrund der Schutzbedürftigkeit von Betroffenen nicht statt."
Litfin wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet?
Zu dem Verfahren am Verwaltungsgericht Hannover war es gekommen, weil Litfin den Landkreis Hildesheim verklagt hatte, der ihm die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis verweigert. Der Rathaus-Chef hatte argumentierte, dass es in der Vergangenheit vermehrt Anfeindungen und tätliche Angriffe im Zusammenhang mit seiner Amtsführung gegeben habe. Dem Gericht reichte die Begründung nicht. Der Kläger müsse vielmehr glaubhaft machen, "wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben" gefährdet zu sein, um einen Waffenschein bekommen zu dürfen. Auch müsse er glaubhaft darlegen, dass mit einer Schusswaffe eine Gefährdung gemindert würde. Beides jedoch sieht das Gericht nicht. Zudem könne der Bürgermeister bei Gefahr auch andere Maßnahmen ergreifen, etwa die Polizei alarmieren.
Bedrohung und Beleidigung: Das Verfahren ist noch nicht beendet
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover ist noch nicht rechtskräftig. Vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg kann Berufung beantragt werden. Diese Möglichkeit prüft Marcel Litfin nach eigenen Angaben gerade.