Andrea Kretschmann, Kultursoziologin der Leuphana Universität Lüneburg. © Philipp Schulze/dpa Foto: Philipp Schulze

Wie ticken "Reichsbürger"? Leuphana untersucht rechte Bewegung

Stand: 01.02.2023 09:30 Uhr

Den Wunsch nach eigenen gesellschaftlichen Regeln teilen "Reichsbürger" mit anderen Subkulturen. Doch ihr Fokus auf Recht ist aus Sicht einer Soziologin der Leuphana Universität Lüneburg ungewöhnlich.

"Warum beziehen sie sich auf das Recht, wenn sie zu diesem doch in Totalopposition gehen", fragt Professorin Andrea Kretschmann. Das ist eine der Fragen, mit denen sich die Kultursoziologin in ihrem auf drei Jahre angelegten Forschungsprojekt zur "Subkultur der 'Reichsbürger'" beschäftigen will.

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"Reichsbürger" rufen eigenen Gerichtshof aus

Angehörige der Szene erkennen staatliche Institutionen meist nicht an und sehen die Bundesrepublik als Firma an. "Reichsbürger" gäben sich eigene Gesetze und erfänden Symbole mit rechtsstaatlichem Charakter wie Personalausweise, schildert Kretschmann. "Manchmal geben sie sich eine eigene Verfassung, in Österreich ist schon ein eigener Gerichtshof ausgerufen worden."

Phänomen "Reichsbürger": Laien beschäftigen sich mit Recht

Kretschmann zufolge ist nicht immer klar, wie die von den Anhängerinnen und Anhängern entwickelte politische Ordnung funktionieren soll. "Sie wollen aussteigen, sie berücksichtigen dabei aber nicht, dass die Infrastruktur vom Gemeinwesen abhängt", sagt die Wissenschaftlerin. Es sei erstaunlich, dass sich "Reichsbürger" als rechtliche Laien mit Recht beschäftigten. "Das Ganze hat mich stark verwundert, weil man es selten sieht, dass Subkulturen oder soziale Bewegungen sich in so starkem Maße auf das Recht beziehen." Ein Beispiel sei eine Frau aus der Szene, die sich unter falschem Namen als Rechtsanwältin ausgegeben hatte. Oft sei es bei Anhängern der Bewegung schwer zu erkennen, was möglicherweise Masche und was feste Überzeugung sei, so Kretschmann.

Szene ist im Internet sehr aktiv

Die Studienlage zu "Reichsbürgern" ist der Professorin zufolge dünn. Bisher gebe es nur eine empirische Studie. Die Szene sei heterogen, es gebe viele Einzelpersonen. Deshalb will sich Kretschmann mit ihrem Team auch zunächst online den Personen nähern. "Da spielt sich ganz viel im Internet ab." Dann wolle man auch beispielsweise auf Demonstrationen den Kontakt suchen. Die Szene habe seit fünf, sechs Jahren kontinuierlich Zulauf.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Lüneburg | 01.02.2023 | 09:30 Uhr

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