Tödliche Schüsse in Nienburg: Bodycam-Aufnahmen ausgewertet
Neue Erkenntnisse zum tödlichen Polizeieinsatz in Nienburg: Bodycam-Aufnahmen zeigen laut Staatsanwaltschaft, wie der 46-Jährige mehrfach mit einem Messer in Richtung eines Polizisten sticht.
Nach der ersten Auswertung zweier Bodycams habe der später Getötete auf der Terrasse eines Mehrfamilienhauses mit einem Messer in der Hand vor der Polizei gestanden, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung der Staatsanwaltschaft Verden. Lamin T. sei mehrfach aufgefordert worden, das Messer niederzulegen. Der 46-Jährige sei der Aufforderung nicht nachgekommen und habe sich stattdessen auf die Beamten zubewegt, erklärte Oberstaatsanwalt Koray Freudenberg. Im weiteren Verlauf habe der Mann auf einen Polizeihund und mehrfach in Richtung eines Polizeibeamten gestochen. Während der Hund verletzt wurde, habe der Polizist die Stiche mittels eines Schildes abgewehrt. In der Folge sei es zu den Schüssen auf Lamin T. gekommen, so Freudenberg.
Abschließende Bewertung steht noch aus
Das Vorgehen der Polizei bei dem Einsatz ist noch nicht abschließend geprüft. Auch nach Sichtung der Videoaufnahmen sei noch keine abschließende Bewertung eines strafrechtlich relevanten Verhaltens möglich, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Ermittlungen dauerten weiterhin an.
300 Menschen bei Demonstration "Justice for Lamin" erwartet
An dem Polizeieinsatz in Nienburg hatte es nach einem Medienbericht scharfe Kritik gegeben. Die Freundin des 46-jährigen Gambiers hatte darin schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. Der Flüchtlingsrat forderte eine lückenlose Aufklärung. Am kommenden Samstag ist in Nienburg eine Demonstration geplant. Wie die Polizei mitteilt, soll die Demo unter dem Motto "Justice for Lamin" am Nachmittag am Bahnhof beginnen und durch die Stadt führen. Eine Privatperson habe die Veranstaltung für rund 300 Menschen angemeldet, hieß es.
Gambias Regierung zeigt sich bestürzt
Die Regierung von Gambia äußerte sich bestürzt über den Vorfall in Nienburg. Der Tod des Mannes, der aus dem westafrikanischen Land stammt, betreffe die gesamte Nation, heißt es in einer Mitteilung des Außenministeriums mit Sitz in der Hauptstadt Banjul. Die Regierung wolle alles versuchen, um Gerechtigkeit und Verantwortlichkeit sicherzustellen. Dazu arbeite sie mit den deutschen Behörden zusammen, heißt es weiter.
Ermittlungen gegen 14 Beamte
Der 46 Jahre alte Lamin T. war am 30. März von acht Kugeln getroffen worden - zwei davon seien tödlich gewesen, so die Staatsanwaltschaft Verden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt eigenen Angaben zufolge gegen 14 beteiligte Polizeikräfte wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. T. hatte laut Staatsanwaltschaft keine Vorstrafen. Es seien eine "niedrige einstellige Zahl" an Verfahren gegen den Mann geführt worden, teilte die Polizei Verden dem NDR Niedersachsen mit. Die meisten seien eingestellt worden und in keinem Verfahren sei es um Gewalttaten gegangen.
Polizistin durch Schuss schwer verletzt
Der 46-Jährige soll zunächst seine Freundin und dann herbeigerufene Polizisten mit einem Messer bedroht haben. Daraufhin fielen die tödlichen Schüsse. Eine Polizistin wurde bei dem Einsatz durch eine Kugel aus einer Polizeiwaffe schwer verletzt. Ihr gehe es den Umständen entsprechend gut, sagte Freudenberg drei Tage nach den Vorfällen. Dies gelte auch für den mit dem Messer verwundeten Polizeihund.