Sucht und Obdachlosigkeit: Szene trifft sich in Hannover zum Putzen
In Hannover treffen sich Menschen aus der Obdachlosen- und Abhängigenszene, um einen öffentlichen Platz zu putzen. Das Projekt "Szeneputzen" soll die Eigenverantwortung stärken und den Menschen eine Tagesstruktur geben.
Der Platz vor dem legalen Konsumraum Stellwerk in Hannover liegt kurz hinter dem Hauptbahnhof. Hier trifft sich die Sucht- und Obdachlosenszene von Hannover. Denn es ist einer der wenigen Orte, an denen die Stadt Hannover den Aufenthalt dieser Menschen in der Innenstadt fördert. Der Platz war in der Vergangenheit oft stark vermüllt. Doch das hat sich geändert.
Gemeinsam putzen an Treffpunkt von Drogenabhängigen und Obdachlosen
Peter Müller ist pünktlich (Name von der Redaktion geändert). Um 11 Uhr geht das gemeinsame Putzen los und um 11 Uhr ist er da. Dieser Wert ist ihm genauso wichtig wie Sauberkeit. Er gehört zur "Szene" in Hannover - und hilft regelmäßig, den Platz vor dem Stellwerk sauber zu halten. "Sauber ist es doch viel schöner", sagt er und wirft ein Papiertuch in den kleinen Blecheimer neben sich. Hier liegen Plastikmüll, Zigarettenstummel, Spritzen und Kronkorken.
Für Eigenverantwortung, Struktur und Wertschätzung
Das Projekt Szeneputzen gibt es seit November. "Entstanden ist es, weil sich einige der Besucher des Stellwerks immer mal wieder den Besen von dort ausleihen wollten", erzählt die stellvertretenden Einrichtungsleiterin Fabienne Kuschel. Auch sie unterstützt beim Putzen. In dem Projekt ist immer mittwochs um 11 Uhr für vier Menschen aus der Szene für eine halbe Stunde der Putzdienst angesagt. Fürs Saubermachen bekommt jeder von ihnen 10 Euro, finanziert von der Stadt Hannover.
Projekt Szeneputzen: Viele packen freiwillig mit an
"Wir wollen damit eine Eigenverantwortung für den Platz schaffen, den Menschen eine Tagesstruktur geben und ihre Arbeit wertschätzen und anerkennen", sagt Frank Woike, Beauftragter für Sucht und Suchtprävention der Stadt Hannover. Auch andere aus der Szene, die nicht zu den vier bezahlten Putzenden gehören, packen freiwillig mit an. Fegen, Müll aufsammeln und am Ende zusammen einen Kaffee trinken. "Das vermittelt Selbstwirksamkeit, stärkt das Gemeinschaftsgefühl aber auch unsere Beziehung zu den Menschen", sagt Sozialarbeiterin Fabienne Kuschel.
Müll in der Szene: Mülleimer wird immer öfter genutzt
Peter Müller kippt seinen kleinen Eimer in eine große Mülltüte. "Ich mache es ja auch gerne, weil man sieht, was man geschafft hat. Sieht dann nicht so aus wie bei Hempels unterm Sofa." Manchmal erinnert er andere aus der Szene auch daran, ihren Müll doch bitte in die Mülleimer zu schmeißen. Das scheint zu wirken. Erst am Tag zuvor hat eine Gruppe den Platz schon freiwillig sauber gemacht. "Seitdem man das regelmäßiger sieht, dass gefegt wird, ist auch die Idee regelmäßiger da", bestätigt Fabienne Kuschel.
Zehn Euro für 30 Minuten sauber machen
Peter Müller hat es für heute geschafft. Besen und Eimer wegräumen, dann holt er sich seinen Lohn bei einem Streetworker ab. Noch eine Unterschrift und der Zehner wandert in seine Hosentasche. Der Obolus motiviert ihn zwar, aber Müller hätte auch ohne Geld sauber gemacht, sagt er. "Ich habe es halt lieber sauber als dreckig. Und wenn jeder ein bisschen so denken würde und die Mülleimer benutzen würde, dann hätten wir den Salat nicht."