Sexueller Kindesmissbrauch? Kirche stellt Mitarbeiter frei
Stand: 03.05.2024 09:33 Uhr
Ein Mitarbeiter des evangelischen Kirchenkreises Hildesheimer Land-Alfeld soll Jungen sexuell missbraucht haben. Die Kirche hat den Mann mit sofortiger Wirkung freigestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Demnach soll der 63-Jährige Jungen über der Kleidung an den Beinen, am Gesäß und im Intimbereich berührt haben. Zudem soll der Mann Abbildungen von schwerem sexuellen Jugendmissbrauch besessen haben. Seine Arbeit bei der Kirche stünde nicht im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Taten, betonte die Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sexuellen Belästigung und des Besitzes jugendpornografischer Inhalte laufen seit März 2024.
Kirche bietet dem Beschuldigten Seelsorge an
Der Mitarbeiter wurde wegen der Vorwürfe von der betroffenen Kirchengemeinde, die nach eigenen Angaben am Montag über die Ermittlungen informiert worden war, freigestellt. Die Kirche betonte, die Grundsätze ihres Umgangs mit sexualisierter Gewalt sehen bei Ermittlungen eine Freistellung zwingend vor. Nach Angaben der Landeskirche Hannover hatte der Mann nebenberuflich in der Gemeinde gearbeitet. Die Kirche informierte Gemeindemitglieder, die mit dem Beschuldigten zusammengearbeitet haben, über Hilfsangebote. Dem Beschuldigten selbst bot sie seelsorgerischen Beistand an.
Schwierige Begriffe: Kinderpornografie und Missbrauch
Kinderpornografie ist die fotorealistische Darstellung des sexuellen Missbrauchs einer Person unter 14 Jahren. Der Herstellung solcher Darstellungen liegt ein realer, oft schwerer sexueller Missbrauch zugrunde. Delikte in diesem Straftatbestand werden mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. (Quelle: BKA)
Die Aufarbeitungskommission, die sexuellen Kindesmissbrauch in Deutschland unabhängig aufarbeitet, kritisiert die Bezeichnung: Kinderpornografie sei ein verharmlosender und ungenauer Begriff für Missbrauchsdarstellungen von Kindern auf Fotos, in Filmen und Texten. Der Begriff vermag darüber hinwegtäuschen, dass jede derartige Darstellung eine schwere Straftat ist, so die Kommission.
Der Verein "Wendepunkt" betont, dass bei der Herstellung von Pornografie die Teilnahme in der Regel freiwillig sei. Dafür könne bei Videos oder Fotos, auf denen sexuelle Handlungen mit Kindern gezeigt würden, nicht die Rede sein. Auch der Begriff "Missbrauch" sei nicht angebracht - er schließe ein, dass es im Umkehrschluss so etwas wie einen zulässigen Gebrauch von Kindern geben könne. Stattdessen solle der Begriff "sexuelle Gewalt" genutzt werden, weil sexuelle Handlungen mit Kindern nichts anderes seien.
Die Polizei hingegen verwendet den Begriff "Kinderpornografie" neben Formulierungen wie "Abbildungen von sexuellem Missbrauch von Kindern" oder "Darstellung von sexueller Gewalt", da der Begriff im Strafgesetzbuch als Tatbestand verankert ist. (Quelle: Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes)