Schalke-Fans in Hannover: Polizei fragt Hotels nach Gästedaten

Stand: 18.10.2024 21:20 Uhr

Vor dem Zweitligaspiel Hannover 96 gegen Schalke 04 hat die Polizei Hannover Hotels dazu aufgerufen, Daten bestimmter Gäste weiterzugeben. Die Polizei will so gewaltbereite Fangruppen vor dem Spiel ermitteln.

von Hannah Freitag

Konkret soll die Polizei Hannover in einer E-Mail an den Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) nach Gästegruppen ab zehn Personen mit Wohnsitz in Gelsenkirchen gefragt haben. Die Fanhilfe Hannover hatte die E-Mail am Donnerstag veröffentlicht. Sie sei nach eigenen Angaben bei einem Netzwerktreffen der Gastronomie auf den Vorgang aufmerksam geworden. In der E-Mail heißt es, dass es Hinweise auf die Anreise einer größeren Gruppe von "Problemfans des FC Schalke 04" am Freitag gibt. Der Fußball-Zweitligist Hannover 96 empfängt am Samstag Schalke 04 in der Heinz-von-Heiden-Arena.

Offenbar nicht die erste Datenabfrage von Fans

Aus der veröffentlichten E-Mail geht ebenfalls hervor, dass die Polizei bereits im April dieses Jahres Gästedaten von Hotels erhalten hat. "Nur durch die damalige Hilfe konnten polizeiliche Maßnahmen initiiert und massive Ausschreitungen unterbunden werden", heißt es in der E-Mail. Deshalb hoffe die Polizei auch diesmal auf die Unterstützung der Hotels.

Polizei begründet Vorgehen mit Sicherheit

Die Polizei Hannover erklärte dem NDR Niedersachsen, durch eine Datenabfrage bei Hotels "die Anwesenheit größerer Gruppen einer möglichen Problemklientel" ermitteln zu wollen. Daten von Einzelpersonen werden laut Polizei nicht angefragt. Sie argumentiert zudem, dass durch dieses Vorgehen ein friedlicher Spielverlauf ermöglicht werden soll. Friedliche Spielbesucher hätten demnach keine weiteren Maßnahmen zu befürchten. "Vielmehr wird so die Sicherheit am Spieltag für alle Fans erhöht", teilte die Polizei dem NDR Niedersachsen mit.

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Fanhilfe Hannover ist empört

Die Fanhilfe sieht in dem Vorgehen dagegen einen klaren Verstoß gegen den Datenschutz und will sich an den Datenschutzbeauftragten des Landes wenden. Der Verein sei schockiert, dass Personen "aufgrund ihrer bloßen Herkunft unter Generalverdacht gestellt" würden, sagt Paula Mundt von der Fanhilfe. Zudem bezeichnet sie es als "befremdlich", dass die "Dehoga als Gehilfe der Polizei auftritt."

Behrens kritisiert Fanhilfe

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) kritisierte in einer Stellungnahme die Fanhilfe. "Ich würde mir mehr Aktivitäten von beispielsweise der Fan-Hilfe Hannover wünschen, die durch einen entsprechenden Appell dafür sorgen könnten, dass alle Fans Fußballspiele gewaltfrei und friedlich im Stadion erleben können", teilte Behrens am Freitag mit. Das wäre aus ihrer Sicht ein starkes Signal und ein wichtiges Zeichen, so Behrens weiter.

Innenministerium sieht keinen Verstoß gegen Datenschutz

Das niedersächsische Innenministerium bezeichnet das Vorgehen der Polizei als "Aufklärungsmaßnahme zur Gefahrenabwehr". Diese sei vom niedersächsischen Polizeigesetz gedeckt. Es liege kein Verstoß gegen den Datenschutz vor, denn es wurde nur nach Postleitzahlen gefragt, nicht nach personenbezogenen Daten, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums. Das Ziel der Maßnahme sei es, die Sicherheit der Gesamtbevölkerung sicherzustellen.

Hotels entscheiden eigenverantwortlich über Daten-Weitergabe

Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) kann indes nicht bestätigen, dass Daten von Hotelgästen an die Polizei weitergegeben wurden. Hauptgeschäftsführer Rainer Balke erklärte dem NDR Niedersachsen jedoch, dass solche Polizeianfragen den Hoteliers weitergeleitet würden. Gerade bei Kapitalverbrechen arbeite die Branche auch mit den Ermittlungsbehörden zusammen. "Wenn es um Fußballspiele geht, gibt es diese Zusammenarbeit eigentlich nicht", sagte Balke. Jedes Hotel entscheide eigenverantwortlich, ob es auf diese E-Mails antworte. Balke gibt zu bedenken, dass die Häuser abwägen müssten, ob das Interesse des Gastes oder das Fußballspiel wichtiger sei. "Ich gebe persönliche Daten weiter, die zu einer Identifikation der Gäste führen kann. Da würde ich raten, vorsichtig zu sein", sagt er.

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