Politik-Abitur verzögert sich landesweit nach Einbruch in Schule

Stand: 12.04.2024 09:40 Uhr

Die Abiturientinnen und Abiturienten in Niedersachsen konnten ihre Klausuren im Fach Politik am Donnerstag erst verspätet schreiben. Grund war laut Kultusministerium ein Einbruch an einer Schule in Goslar.

von Alicia Lippke

In der Nacht zu Donnerstag sei ein Fenster mit einem Stein eingeschlagen, mehrere Räume in dem Gebäude durchsucht und ein Tresor mit den Prüfungsaufgaben geknackt worden, bestätigte ein Polizeisprecher dem NDR Niedersachsen. Details zu möglichem Diebesgut seien den Ermittlern noch nicht bekannt, hieß es. "Wir konnten relativ schnell feststellen, dass die Abiturklausuren aus dem Tresor und aus dem versiegelten Umschlag genommen wurden und auf dem Pausenhof lagen, sodass jeder sie hätte fotografieren oder sehen können", sagte der Schulleiter des betroffenen Christian-von-Dohm-Gymnasium, Martin Ehrenberg, dem NDR Niedersachsen.

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Nahaufnahme eines laminierten Schildes in einem Schulflur, das auf laufende Abitur-Klausuren aufmerksam macht. © Screenshot
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Politik-Abitur verzögert sich landesweit nach Einbruch

Einbrecher hatten den Tresor eines Gymnasiums in Goslar geknackt, in dem die Aufgaben lagen. Die Prüfungen wurden abgebrochen. (11.04.2024) 4 Min

Kultusministerium aktivierte Krisenmanagement

Für den Schulleiter ein Schock am frühen Morgen. "Es geht einem durch den Kopf, wie können wir dafür sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler gelassen bleiben und ihre Prüfung schreiben können?" Ein Einbruch an der Schule sei ohnehin eine schlechte Nachricht, doch in einer solchen Situation könne das Abitur im ganzen Bundesland gefährdet sein, so Ehrenberg. Das Kultusministerium wurde nach Angaben eines Sprechers um kurz nach 6 Uhr über den Einbruch informiert und habe daraufhin die Schulen aufgefordert, die zentral festgelegten Prüfungsaufgaben nicht auszuteilen oder wieder einzusammeln. Ob die Prüfungen gezielt aus dem Tresor geholt wurden, sei unklar. Es könne sich auch um Vandalismus gehandelt haben, so das Kultusministerium.

Abiturklausuren zum Teil bereits ausgeteilt

Gegen 7.30 Uhr habe das Kultusministerium die Schulen über Probleme mit den Abituraufgaben informiert, sagte ein Sprecher. Ein Schuldirektor eines Gymnasiums zwischen Hamburg und Bremen, der namentlich nicht genannt werden möchte, sagte dem NDR Niedersachsen, dass die entsprechende Information ausschließlich an die Schulleitungen geschickt worden sei. Das sei ein Problem gewesen, da viele von ihnen zu diesem Zeitpunkt gerade selbst mit der Vorbereitung des Abiturs beschäftigt gewesen seien. An einigen Schulen seien die Prüfungen daher erst unterbrochen worden, als die Abiturientinnen und Abiturienten schon längst am Schreiben gewesen seien.

Einige Schüler bearbeiteten die Aufgaben schon

Davon betroffen war unter anderem das Johanneum in Lüneburg. Die Schule erfuhr erst von den Problemen, als die Abiturientinnen und Abiturienten bereits eine halbe Stunde lang die ungültige Klausur geschrieben hatten. "Eine Schülerin war den Tränen nahe, weil sie gerade so schön drin war im Schreiben", sagte Schulleiterin Ulrike Lindemann. Die Prüflinge stünden ohnehin unter Spannung, für manche von ihnen sei es die erste Abiturklausur gewesen. "Dann ist das gleich so ein Super-GAU."

"Neue Abituraufgaben erst ab 9.30 Uhr abrufbar"

Nachdem die Schulleitungen informiert wurden, seien gegen 9 Uhr die neuen Aufgaben hochgeladen worden, sagte der Sprecher des Kultusministeriums. Diese seien eigentlich für die Nachschreibtermine gedacht gewesen. Nach Angaben des Schulleiters, der anonym bleiben möchte, konnten die neuen Prüfungen jedoch erst gegen 9.30 Uhr abgerufen werden. Das habe für viel Chaos gesorgt. Beim Austeilen der neuen Aufgaben sei dann auch noch zum Teil versäumt worden, die Abiturientinnen und Abiturienten erneut zu fragen, ob sie sich zu der Prüfung imstande fühlten. Denn das Kultusministerium habe darauf erst verspätet hingewiesen. "Ich halte das für rechtlich sehr fragwürdig", sagte der Schuldirektor dem NDR Niedersachsen.

Unterschiedliche Bedingungen bei Abiturprüfung

"In diesem Fall wäre die vernünftigere Lösung gewesen, den Prüfungstag abzusagen," sagte der Schulleiter, der nach eigenen Angaben auch mit anderen Schulen in Niedersachsen in Kontakt steht. Dann hätten die Schülerinnen und Schüler an einem neuen Termin unter gleichen Bedingungen schreiben können. Kritik kommt auch vom Landesschülerrat. "Besonders Leute, die von ADHS betroffen sind, haben durch eine geringe Konzentration jetzt einen weiteren Nachteil", hieß es am Donnerstag.

Viele wollen Nachschreibtermin nutzen

An der KGS Schwarmstedt konnten die Klausuren auch erst nach zwei Stunden Verspätung starten. Tjark Ommen, Leiter der Gesamtschule, kritisiert, dass die Herausgabe der zweiten Klausur "so lange gedauert" habe. Während der ganzen Zeit hätten die Prüflinge ungewiss an ihren Tischen warten müssen. "Eine solche Situation hatten wir noch nie", sagte der Schulleiter dem NDR Niedersachsen. Viele Schülerinnen und Schüler seien nach Hause gegangen, um den Nachschreibtermin wahrzunehmen. Statt 30 haben in Schwarmstedt demnach nur sieben Abiturientinnen und Abiturienten die Klausur geschrieben. Für diejenigen, die sich für eine Verschiebung entschieden haben, wird die Prüfung am 8. Mai nachgeholt. Betroffen sind nach Ministeriums-Angaben insgesamt rund 8.000 Prüflinge an etwa 450 Schulen.

Pizza und Brezeln für Prüflinge

Als kleines Trostpflaster für die Aufregung gab es für die Abiturientinnen und Abiturienten am Christian-von-Dohm-Gymnasium in Goslar nach der überstandenen Klausur Pizza. "Das ist, glaube ich, ein schöner Abschluss für die Prüflinge", sagte Schulleiter Ehrenberg. Am Gymnasium Bleckede warteten auf die Abiturientinnen und Abiturienten nach der Klausur ebenfalls Snacks und Getränke, das Lothar-Meyer-Gymnasium in Varel spendierte Brötchen und Brezeln.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 11.04.2024 | 17:00 Uhr

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