Neue Missbrauchsvorwürfe gegen Hildesheimer Ex-Bischof Janssen
Der ehemalige Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen soll drei Kindern über Jahre sexuelle Gewalt angetan haben. Das Bistum bewertet die Vorwürfe als plausibel. Was sagt die Betroffenen-Initiative?
Die betroffenen Personen seien zu den jeweiligen Tatzeitpunkten zwischen acht und zwölf Jahre alt gewesen, hieß es am Donnerstag vom Bistum. Um die Betroffenen zu schützen, würden Details wie Zeitraum und Orte des Missbrauchs nicht genannt, hieß es. Die Taten hätten sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Bistums Hildesheim ereignet. Janssen starb 1988, zwischen 1957 und 1982 war er Bischof von Hildesheim.
Bistum Hildesheim kannte Vorwürfe seit Monaten
Die Diözese hat nach eigenen Angaben von den Vorwürfen erfahren, weil sich die drei Betroffenen an unabhängige Experten für Verdachtsfälle sexualisierter Gewalt in ihren Bistümer gewandt hatten. Zwei Betroffene sexualisierter Gewalt waren im Herbst 2023 der jeweiligen Fachstelle außerhalb des Bistums Hildesheim namentlich bekannt, teilte ein Bistumssprecher dem NDR auf Anfrage mit. Durch den Austausch der katholischen Fachstellen untereinander dürften die neuen Missbrauchsvorwürfe gegen Janssen dem Bistum Hildesheim wohl bereits vor Monaten bekannt gewesen sein. Denn Anfang 2024 stellten zwei Betroffene ihre Anträge auf Anerkennung des Leids. Bevor grundsätzlich die Anträge an die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) weitergeschickt werden, erfolgt in der betreffenden Diözese eine Prüfung, ob die Vorwürfe als plausibel eingestuft werden können.
Diözese hält Vorwürfe für glaubwürdig
Nach Angaben eines Bistumssprechers wurde über die Vorwürfe der beiden genannten Betroffenen in einer Sitzung des bischöflichen Beraterstabes am 18. April gesprochen. Bischof Heiner Wilmer und Generalvikar Martin Wilk erfuhren in besagter Sitzung mit Blick auf Bischof Janssen auch von vagen Hinweisen einer weiteren betroffenen Person. Diese habe im April ebenfalls einen Antrag auf Anerkennung des Leids gestellt. Am 6. Juni tagte der Beraterstab mit Bischof Wilmer erneut und stufte die Fälle als glaubwürdig ein. Die Betroffenen baten aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine Hinweise öffentlich zu machen, die auf ihre Identität hätten schließen lassen können. Auf NDR Nachfrage teilte der Bistumssprecher mit, dass die Betroffenen dabei nicht gefordert hatten, dass die neuen Missbrauchsvorwürfe gegen Janssen nicht hätten kommuniziert werden können. Theoretisch hätte das Bistum Hildesheim die neuen Vorwürfe also durchaus früher öffentlich machen können als am 13. Juni.
Bistum will unverzüglich Umbettung aus Dom prüfen
Das Gutachten aus dem Jahr 2021 wirft Janssen allerdings vor, während seiner Amtszeit sexuellen Missbrauch in der Kirche wissentlich geduldet zu haben. Betroffene fordern deshalb die Umbettung Janssens aus der Gruft des Doms. Dies wird laut Bistum nun geprüft. "Wir werden seitens des Domkapitels unverzüglich prüfen, inwieweit eine Umbettung von Heinrich Maria Janssen aus der Bischofsgruft im Dom möglich ist", sagte Weihbischof und Domdechant Heinz-Günter Bongartz. Kommende Woche könnt es eine Entscheidung geben, hieß es.
Betroffenen-Initiative: "Bischof Janssen muss umgebettet werden"
Die Gruft sei ab sofort blickdicht verschlossen. Davor gebe es einen Aufsteller mit erläuterndem Text, der über die Vorwürfe gegen Janssen informiere. Für Matthias Katsch von der Betroffenen-Initiative "Eckiger Tisch" ist das nicht genug. "Bischof Janssen muss umgebettet werden. Eine Hinweistafel reicht nicht mehr aus." Katsch fordert zudem, dass der verstorbene Bischof als Täter bezeichnet und als Teil einer Täterstruktur eingeordnet werden solle. Eine Umbettung von Bischof Janssen aus der Gruft fordert auch der Betroffenenrat Nord. Das Gremium vertritt Betroffene sexualisierter Gewalt aus den norddeutschen Diözesen Hildesheim, Osnabrück und Hamburg.