Abgeschaltet: Atomkraftwerk Grohnde endgültig vom Netz
Nach rund 36 Jahren ist das Kernkraftwerk Grohnde im Weserbergland zum Jahreswechsel vom Netz gegangen. Atomkraftgegner haben vor Ort gefeiert.
Kurz vor Mitternacht war der historische Moment gekommen. Das Atomkraftwerk (AKW) in Emmerthal (Landkreis Hameln-Pyrmont) wurde endgültig abgeschaltet. Mehr als 100 Gegnerinnen und Gegner der Atomkraft hatten sich versammelt und feierten mit dem Jahreswechsel diesmal auch das Aus des AKW.
Symbolisch: Hebel wird umgelegt
An der Kundgebung vor dem Kraftwerk beteiligten sich nach Angaben der Veranstaltenden rund 120 Menschen, die Polizei sprach von 140 Teilnehmenden. Auch Landtags- und Bundestagsabgeordnete der Grünen waren dabei. Die niedersächsischen Landtagsabgeordneten Miriam Staudte und Christian Meyer wiesen auf zahlreiche Störfälle des AKW in der Vergangenheit und die ungelösten Probleme bei der Entsorgung des Atommülls hin. Zu der Aktion hatten mehrere Bürgerinitiativen aufgerufen. "Um Punkt zwölf wollen wir auf die Stilllegung anstoßen, ohne Alkohol und Corona-konform", hatte Peter Dickel von der "Regionalkonferenz Grohnde abschalten" angekündigt. Um Mitternacht wurde zudem symbolisch ein Hebel umgelegt.
Drei deutsche AKW vom Netz genommen
Drinnen im Kraftwerk war hingegen wohl niemandem zum Feiern zumute. "Für uns Kraftwerker ist das ein trauriger Moment", hatte AKW-Leiter Michael Bongartz bereits im Vorfeld gesagt. Neben Grohnde wurden noch zwei weitere Kernkraftwerke abgeschaltet: Brokdorf in Schleswig-Holstein und Gundremmingen C in Bayern. Bis Ende 2022 folgen mit Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 dann auch die letzten deutschen Kernkraftwerke.
Nuklearer Rückbau dauert rund 15 Jahre
Für Grohnde rechnet der Betreiber damit, dass allein der nukleare Rückbau des AKW rund 15 Jahre dauern wird. Daran schließen sich demnach noch rund zwei Jahre für den Abbruch der Gebäude an. Das Kraftwerk, das 1985 in Betrieb genommen wurde, gehörte nach Angaben des Betreibers mehrfach zu den erzeugungsstärksten Kernkraftwerken weltweit.
"Versorgungssicherheit ist weiterhin gewährleistet"
Den schrittweisen Atomausstieg hatte Deutschland nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 beschlossen. Die Stromversorgung im Land ist laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) trotz der Abschaltung der Atomkraftwerke gesichert: "Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist weiterhin gewährleistet", so Habeck. Die Regierung werde "durch den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien und die Beschleunigung des Netzausbaus" zeigen, dass eine Ausrichtung von Wirtschaft und Industrie auf Klimaneutralität möglich sei.
Verletzte bei Auseinandersetzungen am Bauplatz
Das AKW Grohnde war von Beginn an umstritten. Im März 1977 wurden bei Auseinandersetzungen am Bauplatz Hunderte Demonstrierende und Dutzende Polizistinnen und Polizisten teils schwer verletzt. Im Sommer 1977 bauten Bürgerinitiativen auf dem geplanten Kühlturmgelände ein Anti-Atom-Dorf mit mehr als 20 Hütten, einem Windrad und einem Stall für das Dorfschwein "Genscher". Das Dorf wurde später von der Polizei geräumt.