Zivilcouragepreis Göttingen geht an junge Lebensretter
Selbstlos klettert ein heute 19-Jähriger ins Gleis, bewahrt einen auf den Schienen liegenden Mann vor dem sicheren Tod. Ein Auto brennt und drei Schülerinnen leisten Erste Hilfe. Diese Zivilcourage ist am Mittwoch in Göttingen ausgezeichnet worden.
In einer Zeitung wurde vom "vorweihnachtlichen Wunder" gesprochen: Hajimula Malangyar, im Dezember noch 18, beobachtet, wie ein angetrunkener Mann im Bahnhof Göttingen ins Gleis stürzt und hilflos liegen bleibt. Weil das Signal an Gleis neun schon grün zeigt, die Einfahrt eines Zuges also unmittelbar bevorsteht, klettert Malangyar sofort hinunter und zerrt den 55-jährigen Mann mit aller Kraft zurück auf den Bahnsteig. In allerletzter Sekunde, wie das Handyvideo zeigt.
Als der Mann auf dem Bahnsteig liegt, donnert der Zug vorbei
Malangyar stammt aus Afghanistan und kam als Flüchtling nach Deutschland. Seine Freunde, mit denen er auf dem Rückweg von Berlin nach Flörsheim am Main ist, filmen die Situation vom gegenüberliegenden Bahnsteig. "Ich dachte nur: Der Zug kommt zu schnell, ich muss helfen", sagt Malangyar über seine selbstlose Aktion. Gerade, als die beiden in Sicherheit sind, donnert der Güterzug vorbei.
Ein brennendes Auto und drei helfende junge Frauen
Loren Anne Harris (20) und ihre Freundinnen Jette und Ronja (beide 19 Jahre alt) fahren mit dem Auto von ihrem Ferienjob nach Hause. Auf einer Umgehungsstraße in Göttingen fährt vor ihnen ein Auto gegen einen Baum und fängt Feuer. Alle drei denken nicht lange nach und helfen: Eine ruft den Rettungswagen und beruhigt umstehende Menschen, eine holt und verteilt Verbandsmaterial, die Dritte versucht mit weiteren Helfern, die Opfer, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ansprechbar waren, aus dem brennenden Auto zu retten.
"Ich hab in dem Moment instinktiv gehandelt"
Harris sagt: "Ich hab' einfach das gemacht, was wir im Erste-Hilfe-Kurs gelernt hatten. Ich hab instinktiv gehandelt." Und das, obwohl der Motorraum direkt neben ihr brannte und sie die Türen des Autos nicht sofort öffnen konnte. Mit weiterer Hilfe klappte es dann zum Glück und sie konnten beide Opfer bergen und versorgen, bis Notarzt und Rettungswagen eintrafen. Sie haben ihnen so das Leben gerettet.
2.000 Euro Preisgeld in Göttingen
Für diesenselbstlosen und beherzten Einsatz sind sie heute mit dem Göttinger Zivilcouragepreis ausgezeichnet worden. Der Preis ist mit insgesamt 2.000 Euro dotiert, das Geld teilen sich die Preisträger. Ausgelobt wird der Preis von der Bürgerstiftung Göttingen und vom Präventionsrat für die Stadt Göttingen. Bei der Veranstaltung im Alten Rathaus wurde außerdem ein dritter Preisträger geehrt, der einen Kaufhausdieb so lange festgehalten hat, bis die Polizei kam.
Motto von Willy Brandt: Ohne Zivilcourage keine Freiheit
Die Jury habe aus einer Vielzahl von Vorschlägen auswählen müssen. Das diesjährige Motto stammt von Willy Brandt. Es lautet: "Wo die Zivilcourage keine Heimstatt hat, reicht die Freiheit nicht weit."