Unwetter trifft Klimawandelforscher - und wirft sie um Jahre zurück
Erdrutsch, gesperrte Straßen, vollgelaufene Keller: In der Nacht zum 4. August sorgt ein Unwetter bei Hann.Münden für viele Schäden. Betroffen ist auch die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt. Einen Monat später sind die Schäden immer noch nicht beziffert.
Noch Wochen nach dem Unwetter sind die Wände feucht, Schlammreste sind auf den Böden zu sehen, Fenster gesplittert, eine ganze Glasfassade muss mit Metallstreben abgestützt werden. Der Schaden bei der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) in Hann. Münden, wo unter anderem zu den Themen Trockenstress von Bäumen und Anpassung an den Klimawandel geforscht wird, geht vermutlich in die Millionen, wie es heißt.
Wasser stand 1,60 Meter hoch in den Räumen
Bis alles wieder aufgebaut und funktionsfähig ist, wird es dauern. Verwaltungsleiter Georg Leefken geht von mindestens zwei Jahren aus. Die Schlamm- und Wassermassen, die in der Nacht vom 3. auf den 4. August den Hang heruntergeschossen sind, hatten das Untergeschoss geflutet. Das Wasser stand bis zu 1,60 Meter hoch in den Räumen. Büros und forstgenetische Labore wurden zerstört.
Versuchspflanzen und Probenmaterial sind verloren
Besonders schlimm für die Forscher ist, dass dabei auch viele Daten, wertvolle Aufzeichnungen, Versuchspflanzen und Probenmaterial verloren gegangen sind. "In einigen Projekten wirft uns das um Jahre zurück", sagt Aki Höltken, Sachgebietsleiter Waldgenressourcen. Gerade für Doktoranden sei das besonders bitter.
Notlabore für den Übergang
Forstwissenschaftler Höltken geht davon aus, dass Routineanalysen für die Landesforsten Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres wieder starten können, wenn die Notlabore eingerichtet sind. Um wieder auf das volle Waldforschungs-Niveau wie vor dem Unwetter zu kommen, werde es noch einige Jahre dauern. Die Planung der neuen Labore ist noch nicht abgeschlossen. Daher steht auch noch nicht fest, wie hoch der Gesamtschaden am Ende ist.
Schaden geht in die Millionen - und trifft vier Länder
Allein die Schäden an den technischen Geräten schätzen Experten auf 350.000 bis 400.00 Euro. Dafür kommen alle Trägerländer der Forstlichen Versuchsanstalt – also die Länder Niedersachsen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein – gemeinsam auf. Den millionenschweren Neubau der Labore und die Instandsetzung des Gebäudes aus den 1970er-Jahren muss das Land Hessen als Eigentümer zahlen.
Wassermassen verschonten zumindest zwei Spezialgeräte
Dabei hatte die Forstliche Versuchsanstalt in Hann. Münden sogar noch Glück im Unglück: Bei zwei sehr teuren DNA-Sequenziergeräten, die jeden Tag im Einsatz sind, ist das Wasser wenige Zentimeter unterhalb der Geräte stehengeblieben. "Wir haben sie schon durchgetestet, sie laufen tatsächlich noch. Das sind die ersten Analysegeräte, die wir wieder in Betrieb nehmen können," sagt der Forstwissenschaftler erleichtert.
Weil die Glastür hielt - frisch saniertes Labor bleibt verschont
Auch eine Sicherheitstür aus Glas hat den Wasser- und Schlammmassen standgehalten. Dahinter befindet sich ein erst vor kurzem für 1,8 Millionen Euro saniertes Labor, in dem in kleinen Gläsern viele Versuchspflanzen der vergangenen 20 Jahre stehen, mit denen geforscht wird. "Wenn die Glastür nicht gehalten hätte, wären viele Versuchsreihen, die Arbeit von mehreren Jahrzehnten, zunichte gewesen", sagt Aki Höltken.