VW will wieder an die Spitze - diesmal mit E-Autos
"Die Marke Volkswagen ist dabei, sich grundlegend zu wandeln": Nur wenige Tage nach der Vorlage des VW-Zukunftspakts, der auch die Streichung von weltweit bis zu 30.000 Stellen vorsieht, hat der krisengeschüttelte Autobauer am Dienstag in Wolfsburg seine Strategie "Transform 2025+" für die Zukunft der Marke Volkswagen vorgestellt. Laut Markenvorstand Herbert Diess sieht die Strategie drei Phasen vor: Nach der Sanierung des Kerngeschäfts will Volkswagen ab 2020 führender Hersteller mit einer operativen Umsatzrendite von vier Prozent werden. Nach Angaben von Diess setzt VW dabei vor allem auf SUVs, digitale Mobilitäts-Dienste und einen beschleunigten Ausbau der Elektromobilität. "Elektroautos werden das neue Markenzeichen von Volkswagen", sagte der VW-Markenvorstand. 2020 plant der Konzern eine "große Elektromobilitäts-Offensive", bis 2025 will VW dann eine Million E-Autos pro Jahr verkaufen. Auch den US-Markt will der Konzern zurückerobern.
Bis zu 17.500 Stellen in Niedersachsen betroffen
Laut Diess sind die Strategie "Transform 2025+" und der Zukunftspakt eng miteinander verzahnt. Der Zukunftspakt sei ein wesentlicher erster Schritt, der die Marke profitabler mache. VW hatte am Freitag angekündigt, bis zum Jahr 2025 allein in Deutschland rund 23.000 Stellen zu streichen. Wie Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Dienstagvormittag im Landtag sagte, könnten in Niedersachsen davon in den kommenden vier Jahren bis zu 17.500 Arbeitsplätze betroffen sein. Im Saldo werde der Abbau allerdings nur rund 10.000 Stellen betragen, so Weil. Denn auch beim Aufbau neuer Arbeitsplätze bei VW stehe Niedersachsen im Vordergrund. Hierbei gehe es um bis zu 7.500 neue oder umgewandelte Stellen, so der Ministerpräsident.
Salzgitter, Braunschweig und Kassel als"Schlüssel-Lieferanten"
Laut VW entstehen die neuen Stellen vor allem im Bereich E-Mobilität. Insgesamt will der Autobauer dort 9.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Die Werke in Braunschweig, Salzgitter und Kassel sollen dabei "Schlüssel-Lieferanten" werden, sagte Diess: Seinen Angaben nach soll es es bis 2020 insgesamt neun E-Auto-Modelle geben, "danach werden es deutlich mehr". Spätestens 2025 will VW dann Weltmarktführer auf diesem Gebiet sein sein. Elektromobilität sei "strategisches Kernelement der Marke Volkswagen".
SUV-Offensive: Anteil soll verdoppelt werden
VW starte seine Strategie "Transform 2025+" aus einer besonders schwierigen Situation. Die Fixkosten seien gestiegen, bei der Produktivität sei der Autobauer nicht auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern. Vor allem aber "hat das Image gelitten und unsere wichtigste Aufgabe ist es, das Vertrauen der Menschen schnell zurückzugewinnen." Vor allem in Nord- und Südamerika müsse sich das Marken-Image deutlich verbessern, so der VW-Markenchef. "Die Marke soll zugänglicher und sympathischer werden", sagte Diess: "Arroganz hat keinen Platz." Hinzu kommt laut Diess, dass der Konzern "teilweise Marktentwicklungen verschlafen" habe - "vor allem den Boom bei den SUVs". In den USA, Lateinamerika und China plane VW deshalb zunächst eine große SUV-Offensive. Bis 2020 will der Autobauer 19 SUV-Modelle im Portfolio haben. Weltweit soll der SUV-Anteil mehr als verdoppelt werden. Gleichzeitig soll die Zahl der Modell- und Motoren-Varianten deutlich reduziert werden.
Eine Milliarde Umsatz mit digitalen Mobilitäts-Diensten
Noch "dramatischer" als die Elektromobilität werde das Internet die Branche verändern, so Diess. Die digitale Vernetzung entwickle sich rasant, das Auto als "zentraler Knotenpunkt des Internets" werde dem Fahrer schon bald Aufgaben abnehmen, zum Beispiel beim Tanken oder auf der Autobahn. Volkswagen wird laut Diess ab der nächsten Golf-Generation ein voll vernetztes Auto anbieten. Bis 2025 wolle VW für die vernetzten Wagen 80 Millionen Nutzer gewinnen - und "eine Milliarde Umsatz pro Jahr erzielen", so der Markenchef. Die Plattform solle ein "digitales Ökosystem" werden, das vom Parken bis zum Fahren Mehrwert-Angebote um die Mobilität bietet. In der Software-Entwicklung will VW deshalb mehr als 1.000 neue Stellen schaffen.
Einsparungen bei Golf und Passat
Die Strategie für die gewinnschwache Hauptmarke um Golf und Passat sieht neben einer Neuausrichtung bei Elektromobilität und Digitalisierung starke Einsparungen vor. VW müsse hier schnell wettbewerbsfähiger werden, sonst werde sich die finanzielle Lage in den kommenden Jahren verschärfen, warnte Diess. Erst am Freitag hatte VW seine Pläne für den bevorstehenden Konzernumbau vorgestellt. Europas größter Autobauer kündigte an, den geplanten Stellenabbau sozialverträglich zu gestalten. Allerdings geht der geplante Zukunftspakt zulasten der Leiharbeiter - ihre Jobs sollen langfristig abgebaut werden. Zugleich haben sich das Unternehmen und der Betriebsrat auf Investitionen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro geeinigt, um den Konzern auf Zukunftskurs zu bringen.