Rechtsextreme "Bürgerwehr" in Salzgitter aktiv
Mindestens vier "Streifengänge" hat eine selbsternannte rechtsextreme "Bürgerwehr" seit August in Salzgitter durchgeführt. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Julia Willie Hamburg hervor, die NDR.de vorliegt. Die Rechtsextremisten treten unter dem Namen "Schutzzone Salzgitter" auf. Die bundesweite Kampagne "Schutzzone" wurde bereits 2017 von der NPD initiiert. Die rechtsextreme Partei begründet die Kampagne mit einer angeblichen "massiven Zunahme von Gewaltkriminalität" bis hin zu einer "Kapitulation des Rechtsstaats".
Fünf NPDler verteilen Flyer
Beim City-Fest in Salzgitter-Lebenstedt kontrollierte die Polizei Mitte August fünf Mitglieder der NPD-Jugendorganisation, die Flyer der Kampagne "Schafft Schutzzonen" verteilten. Auch bei anderen öffentlichen Veranstaltungen und im Stadtpark wurden die Rechtsextremen angetroffen. Bis zu zehn Rechtsextremisten beteiligten sich an den "Streifengängen" der Gruppe - stets einheitlich gekleidet in T-Shirts der Gruppierung.
"Bevölkerungsgruppen verunglimpfen und zu verunsichern"
"Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Tendenzen, die dieses Prinzip zu unterlaufen versuchen, werden sehr genau beobachtet", heißt es in der Antwort der Landesregierung. Diesen "Bürgerwehren" gehe es laut den Behörden darum, "Bevölkerungsgruppen zu diskreditieren, zu verunglimpfen und unsere Mitmenschen zu verunsichern". Die Mehrheit der "Schutzzonen"-Aktivisten in Salzgitter gehört laut Landesregierung dem NPD-Unterbezirk Braunschweig und der dortigen NPD-Jugend "Junge Nationalisten" an. Einige Mitglieder der "Schutzzone Salzgitter" seien in der Vergangenheit Teil der rechtsextremen Gruppe "Kollektiv Nordharz" gewesen. Diese Gruppierung galt als gewaltbereit und ging inzwischen in der Neonazi-Partei "Die Rechte" auf, einer Konkurrenz der NPD.
"Selbsternannte Bürgerwehr keinesfalls akzeptieren"
"Gerade nach Chemnitz kommt den Sicherheitsbehörden hier eine besondere Bedeutung zu, frühzeitig deutlich zu machen, dass das Monopol des Staates nicht in Frage gestellt werden darf", sagte die Grünen-Abgeordnete Hamburg NDR.de. Dass unter den "Bürgerwehr"-Aktivisten auch mutmaßliche rechte Gewalttäter seien, verdeutliche die Scheinheiligkeit. "Gewalttäter, die unter dem Deckmantel einer selbsternannten Bürgerwehr für 'Sicherheit' in der Stadt sorgen wollen, sind in keiner Weise zu akzeptieren." Während die NPD in Niedersachsen sonst kaum noch öffentlich auffalle, "hat sie in Salzgitter noch einen Aktionsradius", so Hamburg.
Auch in Chemnitz dabeigewesen?
Ob die Mitglieder der "Schutzzone Salzgitter" auch bei den Ausschreitungen in Chemnitz mitgemischt haben, wissen die niedersächsischen Sicherheitsbehörden noch nicht. Im Vorfeld einer Demonstration in der sächsischen Stadt, bei der es zu Krawallen kam, hatte die "Schutzzone Salzgitter" auf Facebook eine Teilnahme angekündigt. In der vergangenen Woche hatten im sächsischen Chemnitz selbsternannte Bürgerwehr-Aktivisten nach Polizeiangaben eine Gruppe aus Deutschen, Iranern und Pakistanern mit fremdenfeindlichen Parolen beschimpft. Sechs der mutmaßlichen Täter saßen zwischenzeitlich in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft ließ inzwischen die Wohnungen von 13 Beschuldigten durchsuchen. Die sächsische Polizei kündigte nach dem Vorfall an, "weiter gegen die 'Schutzzonen'-Kampagne der NPD" vorzugehen. "Wir schöpfen bei Antreffen alle straf- und polizeirechtlichen Mittel konsequent aus", teilte die Polizei mit.
Aufkleber auch in Oldenburg und Braunschweig
Neben den Vorfällen in Salzgitter haben die Behörden in zwei anderen Städten Hinweise auf "Schutzzonen"-Kampagne registriert: So fanden Polizeibeamte bei einem NPD-Mitglied im Raum Oldenburg einen Aufkleber mit dem Wappen der "Schutzzone". An einer Braunschweiger Schule wurden Aufkleber mit der Aufschrift "Schafft Deutsche Schutzzonen" entdeckt.