Nötigung: Göttinger Professor bezeichnet Schläge als "Patscher"

Stand: 19.01.2024 13:04 Uhr

Wegen Nötigung hatte ein Professor der Uni Göttingen eine Bewährungsstrafe erhalten. Das Urteil wurde jedoch teils aufgehoben, der Fall wird nun neu verhandelt. Vor dem Landgericht Göttingen räumte der 59-Jährige Fehler ein.

In einer vorgelesenen Erklärung seiner Verteidigerin zum Prozessauftakt hieß es, der 59-Jährige entschuldige sich dafür, eine seiner ehemaligen Doktorandinnen auf das Gesäß geschlagen zu haben. Er habe die Schläge aber eher als "Patscher" wahrgenommen. Er schäme sich für seine Taten. Vor Gericht gab die Verteidigerin am Mittwoch auch an, dass ihr Mandant eine sexuelle Motivation bestreitet. Der angeklagte Professor stellte zudem einen Befangenheitsantrag, weil sich eine der Schöffinnen frauenpolitisch engagiert. Staatsanwaltschaft und Nebenklage lehnten diesen Antrag jedoch ab, die Kammer will später darüber beraten. Der Professor wird mittlerweile von einem zweiten Verteidiger vertreten, der der ehemaligen Doktorandin und Hauptbelastungszeugin einen Täter-Opfer-Ausgleich angeboten hat. Nach eigener Aussage vor Gericht habe sie diesen jedoch abgelehnt.

Schläge auf das nackte Gesäß: Mehrere Frauen betroffen

Der Angeklagte soll von 2014 bis 2017 mehreren Frauen unter anderem mit einem Stock oder seiner Hand auf das nackte Gesäß geschlagen haben. Die Frauen waren Doktorandinnen oder wissenschaftliche Mitarbeiterinnen. Vor zwei Jahren war der 59-Jährige deswegen zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Der Professor war im ersten Verfahren auch wegen sexueller Nötigung angeklagt worden. Das Landgericht hatte ihm ebenfalls eine sexuelle Motivation unterstellt, hielt das damalige Sexualstrafrecht aber nicht für ausreichend, um ihn auch entsprechend zu verurteilen.

Professor drohte, Promotion scheitern zu lassen

In vier Fällen wurde der Professor der gefährlichen Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit Nötigung und Freiheitsberaubung schuldig gesprochen. In acht weiteren Fällen stellte das Gericht ebenfalls Körperverletzung fest, aber nicht in allen Fällen auch eine Nötigung. Immer wieder hatte der Professor seiner Doktorandin gedroht, ihre Promotion scheitern zu lassen. So habe er die Frau unter Druck gesetzt. In zwei Fällen soll er diese Drohung aber nicht ausgesprochen haben. Daher sah das Landgericht diese Fälle nicht als Nötigung an und verurteilte ihn wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung.

Professor könnte Beamtenstatus verlieren

Die Staatsanwaltschaft akzeptierte das Urteil jedoch nicht und ging in Revision - und war am Bundesgerichtshof (BGH) damit erfolgreich. Der BGH hob das Urteil teilweise auf und wies den Fall nach Göttingen zurück, weil das Landgericht auch diese beiden weiteren Fälle auf den Tatbestand der Nötigung hätte prüfen müssen. "Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung gewesen, dass die Drohung, die der Professor vorher ausgesprochen hat, durchaus fortwirken kann", sagte Marc Eggert, Sprecher des Landgerichts Göttingen dem NDR Niedersachsen. Sollte das Landgericht Göttingen den Professor auch in diesen Fällen wegen Nötigung verurteilen, könnte sich die Gesamtstrafe erhöhen und der Professor in der Folge auch seinen Beamtenstatus verlieren.

Universität Göttingen will Professor loswerden

Bei einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr sieht das Gesetz den Verlust der Beamtenrechte vor. Am Verwaltungsgericht Göttingen liegt derzeit schon eine Disziplinarklage der Universität Göttingen gegen den Professor. Die Universität möchte ihn wegen Dienstvergehen aus dem Beamtenverhältnis entfernen lassen. Das Verfahren ruht aber, solange der Prozess am Landgericht noch läuft. Sollte das Landgericht den Professor zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilen, wäre das Verfahren am Verwaltungsgericht hinfällig. Denn dadurch würde er seinen Beamtenstatus direkt verlieren und das Verwaltungsgericht müsste nicht mehr über die Disziplinarklage verhandeln. In einem anderen Prozess am Verwaltungsgericht gegen einen anderen übergriffigen Professor war die Universität mit einem ähnlichen Vorhaben gescheitert.

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