Missbrauch durch Ex-Pastor? Göttinger Ermittler suchen Betroffene
Die Göttinger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Ex-Pastor wegen des Verdachts auf sexualisierte Gewalt. Ein Disziplinarverfahren der Landeskirche Schaumburg-Lippe hat die Ermittlungen angestoßen.
Die Vorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum zwischen 1992 und 2006. In dieser Zeit war der Theologe als landeskirchlicher Pastor beurlaubt und bis zu seinem Ruhestand in einer geistlichen Gemeinschaft in Göttingen tätig. Nachdem die Göttinger Staatsanwaltschaft von dem Disziplinarverfahren erfahren hat, habe sie Ermittlungen aufgenommen, so Oberstaatsanwalt Andreas Buick. Die Behörde sei an die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe herangetreten und habe um die Namen möglicher Opfer gebeten.
Ein erstes Verfahren gegen den pensionierten Pastor wurde vor einem Jahr eingestellt
Ein erstes Ermittlungsverfahren gegen den Mann wegen sexueller Belästigung hat die Staatsanwaltschaft Göttingen laut Sprecher Buick im September 2023 eingestellt. Die Ermittlungen seien beendet worden, weil der Fall verjährt sei und sexuelle Belästigung damals noch kein Straftatbestand gewesen sei. Es ging um einen Fall aus dem Jahr 1999. Der Theologe soll eine damals 17-jährige Jugendliche umarmt, an sich gedrückt und ihr einen Kuss auf die Wange gegeben haben. Die Betroffene habe keine Anzeige erstattet. Der Fall kam erst später bei kirchlichen Recherchen zu Fällen von sexualisierter Gewalt erneut ans Licht.
Dem Ex-Pastor drohen dienstrechtliche Konsequenzen
Nach Angaben einer Sprecherin der Landeskirche Schaumburg-Lippe führen kirchliche Disziplinarverfahren in gravierenden Fällen von sexualisierter Gewalt grundsätzlich wenigstens zu einer dauerhaften Kürzung der Besoldung oder Versorgung bis hin zur Entfernung aus dem Dienst. In diesem äußersten Fall verliere ein Pastor seine Ordinationsrechte, den Anspruch auf Besoldung oder Versorgung und den Beihilfeanspruch. Die schaumburg-lippische Landeskirche ist für das Verfahren gegen den Ex-Pastor zuständig, weil sie die letzte Dienstherrin war. Auch die Landeskirche Hannover geht gegen den Mann vor - dort war er ebenfalls tätig.