Zugunfall bei Gifhorn: Pistorius besucht die Unfallstelle

Stand: 25.11.2022 11:01 Uhr

Vor einer Woche sind bei Gifhorn zwei Güterzüge zusammengestoßen und die Einsatzkräfte sind weiter mit Bergungsarbeiten beschäftigt. Am Donnerstag besuchte Innenminister Pistorius die Unfallstelle.

Er dankte den vielen ehrenamtlichen Helfern vor Ort und machte sich am Nachmittag selbst ein Bild von den Aufräumarbeiten. Das Land Niedersachsen werde die zuständige Samtgemeinde Meinersen unterstützen, wenn diese Hilfe anfordert, sagte eine Ministeriumssprecherin. Die Feuerwehrleute haben inzwischen zwei der vier beschädigten Kesselwagen mit Stickstoff gefüllt - denn das drückt auch Propangas-Reste aus den Kesseln heraus. Bei den anderen beiden verunglückten Waggons fackeln die Einsatzkräfte das Gas aktuell noch ab.

Strecke soll Mitte Dezember wieder frei sein

Boris Pistorius (SPD) bei der Unfallstelle nahe Gifhorn umringt von Einsatzkräften. Eine Flamme im Hintergrund (Gasfackel). © NDR Foto: NDR
Innenminister Pistorius hat sich vor Ort ein Bild der Aufräumarbeiten gemacht.

Es ist nicht mehr so gefährlich, sodass Boris Pistorius (SPD) sich die Arbeiten aus der Nähe anschauen konnte. Der Innenminister wurde zudem über die aktuelle Lage und den Zeitplan informiert. Laut Feuerwehr geht es gut voran. Beim Abfackeln des Gases aus den Kesselwagen könne parallel gearbeitet werden, was Zeit spare. "Wenn es gut läuft, ist das Gas bis zum Wochenende draußen", so der Feuerwehrsprecher. Danach werde die Bahn damit starten, mit zwei Spezialkränen aus Lehrte und Gifhorn die Waggons aufzustellen und mit zwei Dieselloks abzuschleppen, sagte ein Bahnsprecher. Dann müssten noch die Gleise und Schwellen sowie die Oberleitung repariert werden. Die Bauarbeiten sollen dann rund um die Uhr im Schichtdienst ablaufen. Die Deutsche Bahn geht momentan davon aus, dass die Bergungs- und Aufräumarbeiten bis zum 16. Dezember andauern. Dann soll die Strecke Hannover-Berlin wieder befahrbar sein.

Niedrige Temperaturen halten immer wieder Arbeiten auf

Der Vorgang, das Propangas abzufackeln, ist kompliziert. Die Einsatzkräfte können das Gas aus technischen Gründen nur bis etwa zur Hälfte aus den Kesseln abpumpen. Den Rest des Gases fackeln Spezialeinheiten der Feuerwehr ab. Dazu müssen sie das flüssige Gas in einen gasförmigen Aggregatzustand bringen. Eine Maschine, das sogenannte Hotmobil, bereitet warmes Wasser in großen Mengen auf und verteilt es mit einem Düsenschlauch über den Waggons. Durch die Wärme werde das Gas wieder gasförmig, dehne sich aus und werde mit Druck aus dem Kessel gepresst, erklärte der Feuerwehrsprecher. Aufgrund der Wetterlage mit niedrigen Temperaturen müssen die Einsatzkräfte die Arbeiten dennoch immer wieder unterbrechen.

Lob an "die Arbeitgeber in der Region"

Die Freiwillige Feuerwehr sei in Zwölf-Stunden-Schichten mit je 20 Kräften im Einsatz, so Schaffhauser. Falls ein Feuer ausbricht, habe das Team zehn Minuten Zeit, die Waggons herunterzukühlen. "Das ist eine Belastung für alle", sagte Feuerwehrsprecher Schaffhauser dem NDR in Niedersachsen. Er verteilte ein "großes Lob an die Arbeitgeber in der Region. Die spielen da gut mit."

Bahn rechnet mit massiven Schäden an der Infrastruktur

Bei dem Unfall am Donnerstag war bei Leiferde ein Güterzug mit 25 mit Propan gefüllten Kesselwagen auf einen stehenden Güterzug aufgefahren. Vier der Wagen kippten um, zwei davon bekamen Lecks. Erst wenn das Gas komplett aus den umgestürzten Kesseln entfernt ist und die Feuerwehr grünes Licht gibt, kann die Deutsche Bahn mit weiteren Räumungs- und Instandsetzungsarbeiten beginnen. Der Konzern rechnet nach dem Unfall mit großen Schäden an Oberleitung, Leit- und Sicherungstechnik sowie am Gleisbett.

Bundespolizei: Bahn-Mitarbeiterin ist für Unfall verantwortlich

Unterdessen hat die Bundespolizei ermittelt, wieso der eine Güterzug am Donnerstagmorgen auf den anderen aufgefahren war. Bahnunfallermittler der Bundespolizei werteten Daten des Zugbetriebs aus und stellten dabei fest, dass eine Mitarbeiterin der Deutschen Bahn fälschlicherweise den betroffenen Streckenabschnitt bei Leiferde freigegeben hatte - obwohl dort zu diesem Zeitpunkt noch ein Güterzug hielt.

Gegen Bahn-Mitarbeiterin wird jetzt ermittelt

Die Bahn-Mitarbeiterin habe den Güterzug in dem Abschnitt mit Tempo 40 fahren lassen. Dann sei der Zug auf den stehenden Güterzug aufgefahren. Ein Lokführer kam mit leichten Verletzungen in ein Krankenhaus, der zweite erlitt einen leichten Schock. Gegen die Bahn-Mitarbeiterin wird jetzt wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr und fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. Ein technisches Versagen schließen die Ermittler nach derzeitigem Stand aus.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Hallo Niedersachsen | 24.11.2022 | 19:30 Uhr

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Bahnverkehr

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