Ein Foto zeigt ein Haus mit Garage und einem Auto davor. © Polizei Braunschweig

Cold Case von 1977: Neue Hinweise in Fall aus Sickte

Stand: 07.11.2022 13:29 Uhr

Eine Ermittlungsgruppe der Braunschweiger Polizeidirektion befasst sich erneut mit einem Tötungsdelikt, das bereits 45 Jahre zurückliegt. Die Tat wirft viele Fragen auf.

von Theresa Möckel

Der Fall von Heike Wiatrowski führt die Ermittlerinnen und Ermittler nach Sickte im Landkreis Wolfenbüttel. Im Jahr 1977 hatten die Eltern der damals Zwölfjährigen das Mädchen tot zu Hause vorgefunden. Bis heute konnte die Polizei keinen Verdächtigen ausfindig machen und startet deshalb eine groß angelegte Anwohnerbefragung. Einige Hinweise hat die Polizei bereits. Details nannte der Chef der Kriminalpolizei Uwe Lietzau nicht, es soll sich aber um Hinweise auf Personen handeln, die bei Ermittlungen 1977 und 1985 noch nicht vorlagen. Nach diesen Hinweisen sollen nun weitere Zeugen befragt werden.

Was ist passiert?

Eine Schwarz-Weiß-Fotografie zeigt Heike Wiatrowksi. © Polizei Braunschweig
Die zwölfjährige Heike Wiatrowski wurde 1977 in ihrem Elternhaus getötet.

Heike Wiatrowski ist zum Tatzeitpunkt zwölf Jahre alt und geht in die sechste Klasse. Am 18. Februar 1977 kommt sie von der Schule nach Hause, während ihre Eltern noch unterwegs sind. Sie ist ein Einzelkind und war gewohnt, nachmittags mal allein zu Hause zu sein. Als ihre Eltern zurückkommen, werden sie misstrauisch. Eigentlich ist die Tür abgeschlossen - an diesem Tag nicht. Sie finden die Leiche ihrer Tochter mit Blut überströmt im Wohnzimmer. Laut Polizei starb Heike Wiatrowski an den Folgen massiver Stich- und Schlagverletzungen. Es gibt Zeugenaussagen eines Nachbarsjungen, der damals Schreie und Türenklappern gehört haben will. Ein Mann soll laut "Ich höre jetzt auf" gerufen haben.

Täter im persönlichen Umfeld vermutet

Bisher konnte die Polizei Braunschweig keinen Täter ausfindig machen, auch das Tatmotiv ist unklar. "Wir nehmen an, dass der Täter aus dem persönlichen Umfeld des Opfers stammt", sagt Uwe Lietzau. Den Verdacht begründet er damit, dass Heike Wiatrowski dem Täter die Tür geöffnet und ihn hereingelassen hatte. Allerdings verliefen Ermittlungen erfolglos und wurden schließlich auf Eis gelegt. Später wagte die Polizei einen neuen Anlauf: 1985 - sieben Jahre nach der Tat - nahm die Polizei die Ermittlungen wieder auf, blieb aber wieder erfolglos. 

Hoffen auf Hinweise

Durch die erneute Befragung wollen die Polizeibeamten die Tat und die Geschehnisse von vor 45 Jahren bei den Anwohnerinnen und Anwohnern wieder ins Gedächtnis rufen. Zusätzlich wollen die Beamten Flyer verteilen und so möglichst viele Menschen aus dem Umfeld des Opfers erreichen. "Die Abläufe der Tat und das geschlossene System im Dorf sprechen dafür, dass es Zeugen geben muss", sagt Kripo-Chef Lietzau. "Menschen, die eine Zwölfjährige umbringen, verhalten sich anders", sagt er. Und deshalb, so hoffen die Beamten, könnten durch neue Aussagen und Beobachtungen die Puzzleteile des Falls genauer zusammengesetzt werden. Außerdem wollen sich die Ermittler die geografischen Gegebenheiten im Ort genauer anschauen. Auch solche Beobachtungen, die neu eingeordnet werden, sollen dazu beitragen, den Fall zu lösen.

Noch 60 offene Cold-Case-Fälle in der Region Braunschweig

Bereits seit 2019 kümmert sich eine spezielle Ermittlungsgruppe bei der Braunschweiger Polizei um solch spezielle "Cold Cases". Sechs Polizeibeamte arbeiten an Kriminalfällen, die bis ins Jahr 1945 zurückreichen. Einige davon konnten bereits gelöst werden. Die Wiederaufnahme der Ermittlungen in einem Fall aus Helmstedt führte vor anderthalb Jahren sogar zu einer Verurteilung. Bei einem Fall, der so weit zurückliegt wie der von Heike Wiatrowski, geht es den Ermittlern allerdings nicht nur darum, den Täter zu finden. "Es geht nicht nur um Strafe oder keine Strafe. Wichtig ist noch ein zweiter Aspekt", sagt Lietzau, "nämlich den Angehörigen der Opfer Klarheit zu geben."

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 06.11.2022 | 09:00 Uhr

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