Wie Studenten für sauberes Trinkwasser sorgen
Es sieht kinderleicht aus, was Thorben Opitz macht. Der 24 Jahre alte Maschinenbau-Student aus Hannover setzt gerade einen Trinkwasser-Filter zusammen, der in Afrika Leben retten soll. Auf dem Tisch vor ihm liegen die Materialien, die er benötigt: Sand, Kohlepulver, ein T-Shirt und eine gewöhnliche Plastikflasche. Das reicht. Der Sand und die Kohle werden schichtweise in die Plastikflasche gefüllt. Oben kommt verschmutztes Wasser rein, unten tröpfelt klares Wasser heraus. Zusammen mit acht weiteren Studierenden der Universität Hannover hat Opitz den Filter im Laufe eines Jahres entwickelt. Er soll den Menschen in Afrika helfen - genauer gesagt: der Bevölkerung in der Region Siaya im Westen Kenias, wo die Menschen täglich verunreinigtes Wasser trinken. Dort gab es zuletzt im Frühjahr 2016 eine Cholera-Epidemie mit mindestens fünf Todesopfern.
Die Sonne erledigt den Rest
Viele Menschen in der Region können sich das abgefüllte und teure Trinkwasser aus dem Supermarkt nicht leisten. Sie holen sich das Wasser deshalb aus einem Fluss in der Nähe. Zum Waschen, Kochen und Trinken. Nun soll der Filter aus dem dreckigen Wasser etwas Genießbares machen. "Im ersten Schritt filtern wir den Schmutz und die Schwebstoffe aus dem Wasser, damit es klar ist für den zweiten Schritt", erzählt Opitz. Er ist der Technische Leiter des Projektes. "Im zweiten Schritt legen wir das Wasser in einer Plastikflasche in die Sonne - für mindestens sechs Stunden. Durch die UV-Strahlung der Sonne werden so die meisten Krankheitserreger abgetötet." Labor-Analysen zeigen: Der Wasser-Filter aus Hannover funktioniert. Rund 90 Prozent der Krankheitserreger konnten bislang aus dem Wasser in Afrika gefiltert werden. Das reicht den Studierenden aber noch nicht, sie wollen den Filter weiter verbessern.
Schreckmoment in Kenia
Dabei verlief der erste Test in Kenia nicht sonderlich erfolgreich. "Den Filter, den wir hier in Hannover recht erfolgreich ausprobiert hatten, haben wir mit nach Kenia genommen", erzählt Opitz. "Wir mussten dann leider feststellen, dass die Ergebnisse nicht so gut waren. Da ist das verunreinigte Wasser so wieder rausgekommen, wie wir es oben hineingefüllt hatten." Die Studenten aus Hannover, die nach Kenia gereist waren, gaben aber nicht auf. "Am Abend haben wir uns im Hotel zusammengesetzt und ein bisschen gebastelt - und dann festgestellt: Wenn man die Kohle deutlich feiner mahlt, können sehr gute Ergebnisse erzielt werden", erinnert sich Opitz. "Das haben wir dann ausprobiert, und es hat sehr gut funktioniert."
Andere Filter sind teurer
Es gibt auch andere Trinkwasser-Filter auf dem Markt. Aber die sind mitunter recht teuer - mit 15 bis 20 US-Dollar pro Filter. Der wiederverwendbare Filter aus Hannover soll im Verkauf umgerechnet nur knapp 90 Cent kosten. Gerade so viel, dass sich die Leute vor Ort ihn sich leisten können. Denn der Durchschnittslohn beträgt nicht einmal fünf Euro am Tag. Hergestellt werden sollen die Filter vor Ort. "Unser Ziel ist nicht nur, dass die Menschen vor Ort sauberes Wasser haben, sondern wir wollen auch Jobs kreieren", sagt der 27 Jahre alte Projektleiter Merger, der Wirtschaftswissenschaften studiert. "Und das schaffen wir, indem wir Leute vor Ort schulen, die die Produktion komplett übernehmen: von der Material-Beschaffung über die Herstellung bis hin zum Vertrieb. Bislang ist geplant, dass Farmer den Trinkwasser-Filter verkaufen - quasi als zweites Standbein. Sie sollen die Erlöse, die aus dem Verkauf der Filter entstehen, behalten.
Lob von der Welthungerhilfe
"Das Projekt aus Hannover hat einen guten und erfolgsversprechenden Ansatz", sagt Stephan Simon von der Welthungerhilfe. Der Trinkwasser-Experte lobt, dass die Studierenden aus Hannover ihren Filter in Kenia getestet und weiterentwickelt haben. Wichtig sei auch, dass das Produkt nur aus lokal verfügbaren Materialien hergestellt wird und es für die Bevölkerung erschwinglich ist. "Ein weiteres wichtiges Kriterium ist, dass es einen Vertrieb vor Ort gibt", sagt Simon. "Somit ist das Produkt nicht von irgendwelchen Importen abhängig." Entscheidend sei nun, eine Nachfrage in der Bevölkerung zu schaffen. Also die Menschen davon zu überzeugen, dass sie sich lieber den Trinkwasser-Filter kaufen, statt das kostenlose, aber verunreinigte Wasser aus dem Fluss zu trinken. "Es geht darum, die Verhaltensroutine der Menschen zu ändern", sagt Simon.
"Und dann ziehen wir uns zurück"
In drei Wochen soll das Projekt anlaufen. Zunächst in einem Dorf mit 500 Menschen. Unterstützt werden die Studenten aus Hannover von einem Partner vor Ort. Es ist eine afrikanische Hilfsorganisation namens Tembea. Sie leistet seit Jahren Aufklärungsarbeit in der Region. Sie warnt die Menschen, das verschmutzte Wasser zu trinken. Nur hatten sie bislang keine Lösung für das Problem. Mit der Hilfe aus Hannover ändert sich das. Nun können sie den Männern und Frauen den Filter empfehlen. Auf lange Sicht soll das Projekt ohne weitere Hilfe aus Hannover auskommen. "Wir wollen nicht jeden Monat Geld überweisen, damit das Projekt am Laufen bleibt", sagt Projektleiter Merger. "Das Ziel ist ganz klar, dass das Projekt eigenständig läuft und dass die Leute vor Ort mit dem Wasserfilter nachhaltig Geld verdienen und für bessere Gesundheitszustände sorgen." Die Studenten aus Hannover ziehen sich dann im Idealfall zurück. Sie wollen aber Ansprechpartner für die Menschen in Kenia bleiben.