Staatsgerichtshof: AfD-Abgeordneter bekommt Recht
Der Staatsgerichtshof in Bückeburg hat einem AfD-Abgeordneten im Streit mit dem Niedersächsischen Landtag Recht gegeben. Ihm und allen anderen fraktionslosen Abgeordneten steht mehr Rederecht zu.
Das entschied der Staatsgerichtshof – das niedersächsische Verfassungsgericht mit Sitz in Bückeburg - am Mittwoch. Der AfD-Landtagsabgeordnete Klaus Wichmann hatte sich gegenüber anderen Abgeordneten mit Fraktionsstatus ungleich behandelt gefühlt und deshalb geklagt. Seit die AfD-Fraktion im Landtag auseinandergebrochen ist, haben die einzelnen - nun fraktionslosen - Abgeordneten zum Beispiel in Aktuellen Stunden im Landtag kein Rederecht mehr. Denn laut Geschäftsordnung des Parlaments haben fraktionslose Abgeordnete generell nur eingeschränkte Rechte. Dabei ist unerheblich, ob und in welcher Partei sie Mitglied sind.
Wichmann stütze sich auf Landesverfassung
Wichmann berief sich in seiner Klage auf die niedersächsische Verfassung. Dort heißt es in Artikel 19: "Die Fraktionen und die Mitglieder des Landtags, die die Landesregierung nicht stützen, haben das Recht auf Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit." Diese Chancengleichheit sah Wichmann nicht erfüllt. Konkret ging es um eine Aktuelle Stunde im Landtag zum Thema Wolf im Dezember 2021, bei der Wichmann und seine Parteikollegen Zuschauer bleiben mussten, statt selbst an das Mikrofon im Plenarsaal zu treten.
Landtag: Regeln sollen Zersplitterung verhindern
Die Argumentation des Landtags sah so aus: Wenn fraktionslose Parlamentarier anteilig ein zu großes Forum bekämen, könnte ein verzerrtes Bild über die Mehrheitsverhältnisse im Landtag entstehen. Außerdem habe der Landtag sich bewusst Regeln gegeben, die animieren sollen, sich in Fraktionen zu finden und eine Zersplitterung bei Meinungsbildungen zu verhindern.
Urteil aus Karlsruhe könnte Vorbild sein
Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich in der Vergangenheit mit den Rechten fraktionsloser Abgeordneter beschäftigt. In einem Grundsatzurteil ging es um einen Abgeordneten der Grünen, der von der Bundestagsfraktion ausgeschlossen worden war. 1989 entschied das oberste Verfassungsgericht in Karlsruhe, dass auch Einzelabgeordneten ein Rederecht zusteht.