Schulbesuche von Jugendoffizieren wegen Ukraine-Krieg gefragt

Stand: 02.03.2023 21:16 Uhr

Seit Kriegsausbruch in der Ukraine ist die Bundeswehr als Gesprächspartner an Schulen in Niedersachsen gefragt. Die Besuche der Jugendoffiziere haben sich im vergangenen Jahr auf knapp 870 verdoppelt.

von David Römhild, Torben Hildebrandt

Kann Deutschland angegriffen werden? Was genau macht eigentlich die Nato? Warum sind deutsche Soldaten in Litauen? Und: Ist die Ausstattung der Bundeswehr wirklich so schlecht wie behauptet? Es sind Fragen wie diese, die Niedersachsens Schülerinnen und Schüler umtreiben. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine sind die Jugendoffiziere gefragt wie lange nicht mehr. "Mit dem 24. Februar hat sich eine enorme Nachfrage entwickelt", sagt Oberstleutnant Thomas Poloczek, Sprecher des Landeskommandos Niedersachsen. Ein Jahr nach der Zeitenwende-Rede des Bundeskanzlers steht für Poloczek fest: "Sicherheitspolitik ist wieder ins Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger gekommen."

Ukraine-Krieg und Corona sorgen für gesteigerte Nachfrage

Aktuelle Zahlen bestätigen einen regelrechten Boom bei den Jugendoffizieren. Diese Soldaten sind extra dafür ausgebildet, vor Schulklassen, in Universitäten oder in der Lehrkräfteausbildung zu sprechen. Im vergangenen Jahr waren die Jugendoffiziere landesweit bei knapp 870 Veranstaltungen im Einsatz - mehr als doppelt so häufig wie im Vorjahr. Die Jugendoffiziere erreichten dabei knapp 15.000 Schülerinnen und Schüler, diese Zahl hat sich vervierfacht. Das liegt nicht nur am Krieg in der Ukraine, sondern auch an einem Corona-Nachholeffekt. Jugendoffizier Florian Rohmann sieht aber eine neue Relevanz für Bundeswehr-Themen. Mit Russlands Angriff auf die Ukraine berühre Sicherheitspolitik den Alltag junger Menschen. "Deshalb kommen sie mit Fragen auf mich, auf uns zu", sagt Rohmann. 

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Werbung für Bundeswehr im Klassenzimmer verboten

In Niedersachsen sind zehn Jugendoffiziere unterwegs. Ihre Mission: Politische Bildung. Sie informieren nicht nur über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, sondern auch über Auslandseinsätze, über internationalen Terrorismus oder die Bundeswehr als Parlamentsarmee. Nachwuchs für die Bundeswehr zu rekrutieren, gehört ausdrücklich nicht zu ihren Aufgaben. Im Klassenzimmer für die Truppe zu begeistern, ist den Jugendoffizieren sogar per Dienstanweisung untersagt. Ihre Arbeit ist offiziell streng von der Karriere-Beratung getrennt. Ein Interesse wecken sie mitunter aber schon. Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisiert die Besuche der Soldaten im Unterricht deshalb seit Langem.

Jugendoffizier: "Man muss das Militär nicht gut finden"

Die Sichtweise der Kritiker: Politische Bildung gehört in die Hände von Pädagogen, nicht von Soldaten. Jugendoffizier Florian Rohmann hält das für zu kurz gedacht: "Wir gehören dazu. Wir sind in unsere Verfassung eingebettet", sagt er. "Man muss nicht hinter der Bundeswehr stehen. Man muss auch das Militär nicht gut finden. Aber man sollte sich damit auseinandersetzen, um dann auch offen in eine Debatte gehen zu können."

Kultusministerium verteidigt "Beinfreiheit für Schulen"

Auch das niedersächsische Kultusministerium steht hinter dem Einsatz der Jugendoffiziere in den Schulen. Das Ministerium verweist auf "pädagogische Beinfreiheit" bei der Unterrichtsgestaltung. Außerdem könnten die Schulen auch Friedensaktivisten oder andere staatliche Institutionen wie das Technisches Hilfswerk oder die Polizei einladen. Wichtig sei es, so ein Ministeriumssprecher, dass die Inhalte der Schulbesuche altersgemäß aufbereitet und ausgewogen sind.

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