Schmalstieg: "Pistorius muss jetzt sagen, ich kandidiere nicht"
Hannovers langjähriger SPD-Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg fordert in der Kanzlerkandidaten-Frage seiner Partei ein klares Dementi von Verteidigungsminister Boris Pistorius.
Im Gespräch mit dem NDR Niedersachsen macht Schmalstieg deutlich, dass es unwürdig sei, den amtierenden Kanzler so zu beschädigen, wie es in der momentanen Debatte um den Spitzenkandidaten der SPD geschehe. "Deswegen ist es ein guter Rat an Boris Pistorius, dass er aufhören muss, die Sache offen zu lassen", sagt Schmalstieg, der von 1972 bis 2006 Oberbürgermeister der Landeshauptstadt war. "Wenn er, wie er sagt, 'ein Parteisoldat' ist, dann muss er klipp und klar sagen: 'Ich kandidiere nicht, Olaf Scholz ist der Kanzler, mit dem die SPD gewinnen kann.'"
Keine klare Haltung von Pistorius
Bisher ist Pistorius wenig konkret. Er leide nicht unter "Ausschließeritis", sagte der Osnabrücker vergangene Woche in Hannover. Am Montagabend bekräftigte er das bei einer Veranstaltung der Mediengruppe Bayern in Passau. "Das Einzige, was ich definitiv ausschließen kann, ist, dass ich noch Papst werde."
Führende SPD-Köpfe aus Niedersachsen wünschen sich Pistorius
Inzwischen ringt die SPD-Bundesspitze um die Frage, wer der geeignete Kanzlerkandidat für die Partei ist. Mit dabei: Generalsekretär Matthias Miersch und Parteichef Lars Klingbeil, beide aus Niedersachsen. Und beide haben kürzlich Kanzler Olaf Scholz erneut ihre Unterstützung zugesichert. Doch die Stimmen, die den Verteidigungsminister ins Rennen schicken wollen, werden immer lauter. Auch in Niedersachsen wünschen sich führende Köpfe den einstigen Landesinnenminister an die Wahlkampfspitze. Wenn es Scholz in drei Jahren nicht geschafft hat, seine guten politische Erfolge zu verkaufen, dann müsse man sich fragen, ob er überhaupt geeignet ist, heißt es etwa. Die Umfragewerte sprechen für diese Sozialdemokraten klar für Pistorius.
SPD-Basis will schnelle Entscheidung
Außerdem heißt es im Landesverband: Die Basis müsse mitgenommen werden. Sonst klebe am Ende niemand Plakate. Bei einer SPD-Ortsvereinssitzung in Pattensen in der Region Hannover wird anders als in anderen Verbänden deutlich: So klar ist die Entscheidung für Pistorius und gegen Scholz nicht. In der Kleinstadt ist man hin- und hergerissen, wer der richtige Kandidat sein könnte. "Beide sind gut geeignet", ist Justina Walkowiak überzeugt. Die ehemalige Landtagsabgeordnete Gertraude Kruse hält wenig von der Personaldebatte. Sie stehe zu der Partei und deren Beschlüssen. In einem Punkt sind sich aber alle einig: Eine Entscheidung müsse schnell kommen.
Schadet Debatte der SPD?
In Niedersachsen spekulieren die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, dass eine Entscheidung noch in dieser Woche fällt. Philipp Köker, Politikwissenschaftler an der Leibniz-Universität Hannover, macht deutlich: "Die SPD hat die Entscheidung schon viel zu lange herausgezögert." Diese lange Debatte schade am Ende beiden. "Gerade bei diesen Unsicherheiten über die Spitzenkandidaten wird es noch mal deutlich schwieriger sein, Leute zu mobilisieren, die an den Wahlkampfständen stehen und Plakate kleben." Das könnte der SPD zum Schluss ein bis zwei Prozentpunkte weniger einbringen, schätzt der Politikwissenschaftler.