Reichsbürger-Verdacht: Ermittlungen gegen zwei Polizisten
Hatte die mutmaßliche Terrorgruppe von Reichsbürgern um Prinz Reuß Unterstützer bei der Polizei? Das Innenministerium in Niedersachsen hat Disziplinarverfahren gegen zwei Polizeibeamte eingeleitet.
Die beiden Männer stehen im Verdacht, zum Unterstützerkreis der Reichsbürger-Führungsriege um Prinz Reuß gehört zu haben. In einem Fall handelt es sich um einen Polizeioberkommissar im Ruhestand, dessen Bezüge bereits um 30 Prozent gekürzt wurden. Nach Informationen des NDR Niedersachsen war er zuletzt bei der Polizeidirektion Göttingen beschäftigt, gehörte in früheren Jahren auch einer Spezialeinheit an. Beim zweiten Fall geht es um einen Kriminalhauptkommissar. Er war zuletzt längere Zeit krank und im Landeskriminalamt in der Abteilung Staatsschutz beschäftigt, ausgerechnet der Dienststelle, die sich zentral auch mit Ermittlungen gegen Reichsbürger beschäftigt. Er ist bereits seit Dezember vorläufig vom Dienst enthoben, zudem wird ein Teil seines Gehalts einbehalten.
Innenministerin: "Wir prüfen die Ruhestandsgehälter"
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte dem NDR: "Wir unterstellen den beiden, dass sie ihrer Pflicht zur Verfassungstreue nicht nachkommen, dass sie im Reichsbürgermilieu sozialisiert sind und dass sie die Bundesrepublik Deutschland und ihre Gesetze ablehnen." Auch wenn es nur zwei von mehr als 21.000 Beamten seien, sei jeder Einzelfall zu viel und werde geahndet. "Das sind ernste Vorwürfe, wir prüfen die Ruhestandsgehälter und die Entfernung aus dem Dienst", sagte Behrens dem NDR.
Ex-Kriminalhauptkommissar bestreitet Umsturzpläne
Neun Monate nach der Großrazzia mit zahlreichen Festnahmen sind vier weitere Niedersachsen immer noch in Untersuchungshaft. Darunter Michael F., früher Experte für Einbruchschutz bei der Polizei Hannover und mittlerweile aus dem Dienst entfernt. Die Bundesanwaltschaft ordnet ihn einem militärischen Arm der Gruppe zu. Einer seiner Verteidiger, Martin Heynert, sagte dem NDR Niedersachsen, sein Mandant habe sich in den Vernehmungen eingelassen, er weise die Vorwürfe aber zurück: "Er sagt, er habe nichts von Umsturzplänen gewusst - und wenn er etwas gewusst hätte, wäre er ausgestiegen." F. habe keinesfalls Menschen gefährden wollen.
Verteidiger: F. gehört nicht zum "inneren Kreis"
Die Bundesanwaltschaft wirft der Gruppe vor, einen gewaltsamen Umsturz geplant zu haben. Anders als die Ermittler rechnet Verteidiger Heynert seinen Mandanten nicht dem inneren Kreis zu, sondern einem Umfeld von etwa 80 Menschen, die nach seinen Angaben vor allem der Reichsbürgerideologie anhingen, die esoterisch geprägt und gegen die strikten Corona-Regeln gewesen seien.
Welche Rolle spielte Russland?
Dem Vernehmen nach sind die Ermittlungen weitgehend abgeschlossen. Der Verteidiger findet allerdings, dass wesentliche Bereiche weiter ausgeleuchtet werden sollten - etwa, inwieweit der russische Staat die Gruppe finanziell oder ideologisch unterstützt habe. Ebenfalls weiter in Untersuchungshaft sind eine Ärztin aus Vechelde, ein Anwalt aus Hannover und ein Finanzberater, der rund 140.000 Euro an die Vereinigung gespendet haben soll und erst im Mai verhaftet wurde. Mit einem Gerichtsprozess wird zum Jahresende gerechnet.