Niedersachsen will Nationalität von Tatverdächtigen nicht nennen
In Nordrhein-Westfalen soll die Polizei künftig immer die Herkunft von Tatverdächtigen nennen. Das soll für mehr Transparenz sorgen. Die Verantwortlichen in Niedersachsen sehen das anders.
"Wir sollten das immer sachlich diskutieren", sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD) in Hannover. "Und sachlich ist, dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen Nationalität und Straftat." Intransparent sei diese Haltung nicht, so die Ministerin. Einmal im Jahr stelle sie die Polizeiliche Kriminalstatistik vor, "und da gehen wir natürlich auch auf den Anteil von nicht deutschen Tatverdächtigen ein und stellen auch Entwicklungen dar". Niedersachsen werde die Herkunft von Tätern, Opfern oder Zeugen allein wegen der Persönlichkeitsrechte weiterhin nur in Ausnahmefällen bekannt gegeben. Dies gelte etwa, wenn die Information für die Fahndung relevant sei. Ansonsten könnte dieses Detail missbraucht werden, um Menschen zu diskriminieren, heißt es aus dem Ministerium weiter. Dieses Vorgehen stehe im Pressekodex und habe sich bewährt.
GdP: Nationalität für Ermittlungen erst einmal unerheblich
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Niedersachsen hält ebenfalls nichts von dem Vorstoß aus Nordrhein-Westfalen. Für die polizeiliche Arbeit sei die Nationalität der Täter erst einmal unerheblich, heißt es von der GdP. Es bringe Unruhe, wenn die Herkunft der Verdächtigen thematisiert wird, und das bedeute dann mehr Arbeit. Der Flüchtlingsrat lehnt die Idee nach Informationen von NDR Niedersachsen ganz ab. Der Versuch, Straftaten auf die Staatsangehörigkeit zu reduzieren, sei strukturell rassistisch.
Kriminolge Pfeiffer gegen Nennung der Nationalität
Auch Niedersachsens ehemaliger Justizminister und Kriminologe Christian Pfeiffer ist gegen eine konsequente Nennung der Nationalität von Straftätern. Kriminell werde man nicht, weil man aus einem bestimmten Land stamme, sagte er im Interview bei NDR Info. Kriminalität entstehe durch Gewalterfahrungen in der Kindheit oder wenn man in der Gesellschaft ausgegrenzt werde. Dort müsse man ansetzen, um Kriminalität zu bekämpfen. Ansonsten provoziere man, dass Feindschaften entstünden.
Tödlicher Messerangriff in England lässt Situation eskalieren
In Großbritannien protestieren Menschen seit Tagen in verschiedenen Städten gewaltsam gegen Migration. Mehr als 150 Randalierer wurden seit Samstag festgenommen. Hintergrund dieser Wut ist ein tödlicher Messer-Angriff eines jungen Briten. Im Internet waren zuvor Falschnachrichten verbreitet worden, denen zufolge der mutmaßliche Angreifer ein Asylbewerber mit muslimischem Namen gewesen sein soll. Die Polizei widersprach dem. Inzwischen wurde der Name des Verdächtigen veröffentlicht. Es handelt sich um einen in Großbritannien geborenen 17-Jährigen, dessen Eltern aus Ruanda stammen.